Immerhin der Aufzug von Lorenz ist dem Rahmen angemessen.

Wir befinden uns nicht weit weg von der Sporthalle Hamburg. Man kann sie im Hintergrund ausmachen, ebenso ein paar bläuliche Absperrungen, die uns von der Straße trennen - aber wir sind weit genug weg, als dass der Lärm uns nicht allzu sehr stört. Es muss einige Zeit vor der eigentlichen Show sein, denn es gibt noch keinen Rummel, keine Schlange, in der angestanden wird, und man kann im Hintergrund die allerersten Production Crew Member müde gähnend, mit einem dampfenden Kaffee in der Hand, Richtung Veranstaltungsstätte schlurfen sehen, nicht, ohne der bizarren Aufmachung, die wir hier zu sehen bekommen, skeptische Blicke zuzuwerfen. Solange die Entrepreneurin ihre eigenen Kamera-Leute bezahlt, um das hier zu filmen, soll es ihnen recht sein, nicht Teil der Freakshow zu werden

Man kann es nicht wirklich anders sagen: Die Lerbitz Performance Group hat eine Art Makeshift-Trauerstätte aufgebaut. Das soll heißen, hier stehen einige Holzbänke - knallpinke Holzbänke, wohlgemerkt - fein säuberlich in zwei parallelen Reihen nebeneinander. Ein paar Menschen sitzen sogar dort, doch wir können lediglich Schemen und Hinterköpfe ausmachen, da die Kamera auf das - selbstredend ebenfalls schweinchenfarbene - Podium gerichtet ist. Dort sind Trauerblumen (rosa Pfingstrosen) und ein hölzernes Kreuz (rosa) aufgebaut, an das jedoch nicht etwa eine Jesus Christus Figur, sondern das Ebenbild von Mike Müller genagelt ist. Für die Kamera gut sichtbar klebt außerdem ein greller "NUR 599,99 €!"-Sticker auf dem Kreuz, gepaart mit dem Link zum Merchandise-Shop der LPG.

Hinter dieser Aufmachung ist eine Videoleinwand aufgebaut worden. Ziemlich teuer, ziemlich extravagant, und zuständig für eben diese Wand und die musikalische Beschallung ist der Mann, der an einem (pinken) DJ-Pult neben dem Redner-Podium steht und so high wirkt, man möchte ihn sogleich in die US-Regierung berufen: DJ Freundlicher Orang-Utan. Das mit dem Dress-Code hat er nicht so wirklich gecheckt, denn er trägt Cargo-Hosen und ein Tank Top mit der Aufschrift "FLY SO WIE ORANG-TUKANS" mit der Abbildung einer grässlichen Kreuzung zwischen besagtem Affen und besagtem Vogel. Apathisch zieht er die Nase hoch, und bedient statt der DJ-Konsole den Laptop, den er darauf aufgebaut hat. Auf der Videoleinwand beginnt im nächsten Augenblick die Vorrunde 2 von Persteasy aus dem VBT 2011 gegen Ricordz zu spielen.

Lorenz - tatsächlich in schwarzem Anzug gekleidet - überblickt die Szenerie noch einmal und scheint zufrieden.

Ob er nun wirklich passend zum Anlass angezogen sein oder lediglich eine Gelegenheit nutzen wollte, seinen Kleiderschrank zu präsentieren, sei einmal dahingestellt. Sein Emporio Armani Slim-Fit-Anzug setzt sich aus einem einreihigen Sakko mit Spiegelrevers und einer Schulterpartie mit Rollsaum zusammen, was der Silhouette eine moderne und klare Linie verleiht. Die dazugehörige Hose weist einen klassischen Schnitt auf. Gefertigt aus reinem Schurwollgewebe mit natürlicher Elastizität, handelt es sich um einen besonders zeitgemäßen und edlen Stoff. Das klassische, formelle Design des Anzugs harmoniert perfekt mit dem frischen, hochwertigen Material, das für seine Herstellung verwendet wurde.

Würdevoll tritt Lorenz nach vorn an den (pinken) Mikrofonständer, welcher mit (pinkem) doppelseitigem Klebeband im Stile eines Fünfjährigen am Podium befestigt wurde, und rückt seine Brille zurück. Mit Pathos in der Stimme beginnt der Marketing-Experte der LPG, bedächtig das Wort zu ergreifen.


Lorenz: "Wir haben uns heute hier versammelt, um zu trauern."


Er könnte wohl kaum unehrlicher klingen, wenn er es darauf anlegen würde.


Lorenz: "Vielen Dank, dass so viele von Ihnen sich heute hier versammelt haben. Ich muss Ihnen leider mitteilen, dass Herr Booker allen ausrichten lässt, dass er gerne gekommen wäre, aber eine nicht näher definierte Knieverletzung hält ihn davon ab. Er wünscht der Lerbitz Performance Group aber selbstredend ein alle Rekorde brechendes zweites Quartal."


Nichts davon lässt sich beweisen, aber im Moment auch nicht widerlegen. Also fährt Lorenz fort.


Lorenz: "Wir betrauern heute das Ende eines Mannes, der ehrlicherweise schon viel früher hätte aufgeben sollen, wofür er aber zu dumm war. Doch wir kennen ja das Sprichwort: Quartalsbericht gut, alles gut. Endlich hat er eingesehen, wo er hingehört, und zwar nicht in die GFCW. Dafür, dass er immerhin ein einziges Mal in seiner sehr, sehr, sehr, sehr, sehr, sehr, sehr, sehr, sehr, sehr, sehr, sehr, sehr, sehr unterwältigenden Karriere etwas richtig gemacht hat, möchten wir ihn zelebrieren. Meine Damen und Herren, Mirkan Uysal und damit auch sein Förderkader sind von uns gegangen, und wir möchten ihnen angemessen Tribut zollen."


Mit diesen Worten tritt Lorenz einen Schritt zurück und wischt sich mit einer Hand nicht vorhandene Tränen von der Wange. Rechts im Bild kommt nun jemand ins Bild gestapft - Marc Hill, seines Zeichens neuestes LPG-Mitglied, gekleidet in einen (pinken) Anzug, der an den Armen bedrohlich spannt. Mit beeindruckender Lockerheit hat er einen kompletten (pinken) Sarg geschultert und steigt die drei Stufen des Podiums hoch. Oben angekommen guckt er sich das Podium an, dann zu Lorenz. Beiden scheint aufzufallen, dass es keine Erhöhung gibt, auf der man den Sarg abstellen könnte. Wirklich Platz ist auch nicht.

Lorenz zuckt mit den Schultern. Dann lässt Hill den Sarg achtlos auf den Boden klatschen. Das Geräusch von splitterndem Holz ist zu hören, aber die Kamera lässt uns nicht sehen, ob das Podium oder der Boden des Sargs gelitten haben. Schief steht der Sarg nun da, und Lorenz nickt bloß. Marc Hill reißt die Arme in die Luft, schreit "POWER!" - was von den Besuchern erwidert wird - und zieht wieder ab.


Lorenz: "Danke. Wir bahren die Überreste von Mirkan Uysal's Schaffen so auf, wie es zu ihm passt: Halbgar und statt die Jugend zu tragen muss die Jugend ihn tragen."


Lorenz verbiegt das Mikrofon leicht, damit es näher an seinem Mund ist.


Lorenz: "Zuallererst möchte ich jemanden auf die Bühne bitten, der dafür bekannt ist, die passenden Worte zu jedem beliebigen Zeitpunkt und Anlass zu finden. Ich bitte um Ihre Aufmerksamkeit. Hier ist... das Trauerrohr."


Lorenz tritt einen Schritt zurück, faltet die Hände vor dem Schritt und blickt betreten zu Boden. Im nächsten Moment erhebt sich jemand in der ersten Reihe der Bänke. Der kleine Mann ist eigentlich mehr oder minder gekleidet wie immer - bloß, dass sein weißer Aufzug heute schwarz ist, und statt der aserbaidschanischen Message für mehr Wahrheit ist auf seine Brust ein ":(" gemalt. Dazu trägt er einen ebenso schwarzen Zylinder-Hut, der ihn eher wie einen Zauberer als einen Trauerredner wirken lässt. Ob seine Worte magische Wirkung haben werden?

Es hat zumindest ein paar Karteikarten vorbereitet, die es nun abliest.


Das Trauerrohr: "Mirkan Uysal war ein respektierter und viel geschätzter Kollege von uns. LÜGE!"


Offenbar kann das Sprachrohr - pardon, das Trauerrohr - die Worte auf den Karteikarten nicht einfach stehen lassen, ohne sie am Ende mit einer Wertung zu versehen. Es blättert zur nächsten Karte.


Das Trauerrohr: "Er hat die Jugendarbeit der GFCW vorangetrieben und war ein echter Pionier. LÜGE!"


DJ Freundlicher Orang-Utan lässt ein Schniefen vernehmen. Er ist entweder gerührt oder zieht noch eine Line, das können wir aktuell nicht ausmachen, wo die Kamera doch auf das Trauerrohr und dessen ergreifende Rede fokussiert ist. Erneut blättert es zur nächsten Karteikarte.


Das Trauerrohr: "Er hatte einen großen Einfluss und wir werden noch lange an ihn denken. LÜGE!"


Lorenz ist dem Trauerrohr behilflich, welches auf Zehenspitzen stehen musste, um an das Mikrofon zu kommen, und stellt es ein wenig niedriger. Nächste Karteikarte.


Das Trauerrohr: "Wir alle werden Mirkan vermissen und wünschen ihm für seine Zukunft nur das Beste und sind sehr traurig, dass der GFCW-Förderkader nun am Ende ist. LÜGE!"


Mit herzerweichender Sanftheit blättert das Trauerrohr zur letzten Karteikarte um.

Das Trauerrohr: "Sie können das Trauerrohr für Beerdigungen, Jubiläen, Hochzeiten, Geburtstage oder andere tragische Events buchen. Für nur 999,99 € die Stunde. Plus An- und Abreise, Verpflegung und Übernachtung in einem 5-Sterne-Hotel. Wir übernehmen keine Haftung für Schäden, zu denen Aktionen oder Worte des Trauerrohrs möglicherweise beigetragen haben. FAKT!"

Es nimmt buchstäblich den Hut und verbeugt sich, während von den Bänken Applaus kommt. Dann verlässt das Trauerrohr die Bühne, nachdem es Mirkan Uysal auf wirklich bewegende Weise Tribut gezollt hat. Lorenz tritt wieder an das Mikrofon, stellt es etwas nach oben und fährt anrührend fort.


Lorenz: "Mit dem Code "WEIHNACHTSMANN" bekommen sie 1,26 % Rabatt auf dieses Angebot."


Er räuspert sich, und jemand reicht ihm ein Red Bull Spring Edition, damit er seine Kehle befeuchten kann. Erst danach spricht Lorenz weiter.


Lorenz: "An diesem Punkt hätte sein bester Freund eigentlich eine Rede halten sollen. Doch so, wie er kein Talent, keinen Scharfsinn, keine echte Karriere, keine romantischen Partner und keinen coolen Spitznamen hatte, so hatte Mirkan auch keine Freunde. Das ist zwar traurig, aber auch wenig überraschend, weshalb wir einen Ersatz finden konnten. Wir bedanken uns vielmals, dass er sich die Zeit genommen hat, heute hier zu sein."


Erneut macht Lorenz einen Schritt zurück und nimmt seine furchtbar fake wirkende Trauer-Pose ein. Nun steigt die nächste Gestalt aus der ersten Reihe der Bänke auf das Podium - und wir erkennen ihn sofort. Er hat sich keine Mühe gegeben, den Anschein zu erwecken, er gäbe etwas auf den Dress-Code. Tracksuit Pants und ein T-Shirt mit der Aufschrift "GOAT" sind das Outfit der Wahl.


Robert Breads: "Danke, Lorenz, für diese Worte. Sie sind weit mehr, als Mirkan je verdient hätte. Nachdem das GFCW-Office das Debut des neuen Perlen Tag Teams ohne große Begründung um eine Show nach hinten geschoben hat, kann ich eine aufbauende und fröhliche Veranstaltung wie diese hier gut gebrauchen."


Achtlos - und eindeutig absichtlich - tritt Breads beiläufig den hinter ihm liegenden Sarg.


Robert Breads: "Ich denke, Mirkan ist so gegangen, wie es richtig war: Erbärmlich, besiegt, gebrochen. Die einzigen Förderkader-Wrestler, die unter ihm etwas geworden sind, sind diejenigen, die den Förderkader auf Umwegen verlassen konnten - Jakob Fleestedt, Rasmus Rantanen, Marc..."


Die Anwesenden rufen "POWER!".


Robert Breads: "...Hill. Alle, die den von Mirkan vorgezeichneten Weg gegangen sind, sind gescheitert oder fragen sich seit Monaten, wann sie endlich ankommen. Es ist immerhin großzügig von Mirkan, dass er den Stecker gezogen hat, bis Ethan, PJ und Bene auf die deprimierende, aber korrekte Antwort "Nie" stoßen konnten. Mirkan hätte früher zurücktreten sollen, er hätte sich mir früher unterwerfen sollen, aber er hat letztlich aufgegeben und ist zu Kreuze gekrochen, und das ist, was zählt. Ich habe gewonnen. Die LPG hat gewonnen. Die GFCW, auch wenn sie das noch nicht weiß, hat gewonnen."


Natürlich geht und ging es Breads immer bloß darum, das ist keine Überraschung. Die Süffisanz, mit der er hier gegen jemanden nachtritt, der sich kaum jemals richtig wehren konnte und es jetzt schon gar nicht mehr kann, ist dennoch an der Grenze zu abscheulich.


Robert Breads: "Eigentlich ist es sogar beeindruckend, wie lange sich dieser Mann verzweifelt an seine Position klammern konnte - aber das ist Dynamite für euch, seit jeher mehr Mitleid und weniger Aktionismus, als ihm guttut. Seine Passivität wird diese Liga eines Tages noch zu Grunde richten. Aber nicht, solange ich hier bin, und da die GFCW-Nachwuchsförderung nach dieser hochnotpeinlichen Phase am Boden ist, wird es Zeit, sich etwas Neues zu überlegen."


Breads hat große Anteile daran, dass besagte Nachwuchsförderung nie in die Gänge kam, nachdem man Breads als Nachwuchsleitung mit Uysal ersetzte, womit der Hall of Famer so gar nicht einverstanden war. "Sabotage" klingt in diesem Kontext beinahe wie eine Untertreibung.


Robert Breads: "Oder etwas altes."


Der Kanadier lächelt leise, als er das sagt.


Robert Breads: "Wenn man sich bei mir ausführlich, ehrlich und öffentlich - vor allem ÖFFENTLICH - entschuldigt, überlege ich mir vielleicht noch einmal, meinen alten Posten als GFCW Head Coach wieder aufzunehmen. Ich habe nur noch etwa neun Monate im Ring, und ich blicke darüber hinaus. Wenn also Dynamite mit gesenktem Kopf und auf den Knien oft und flehend genug "Bitte! Bitte! Bitte!" sagt... naja, mal gucken, dann könnte was gehen."


Das wirkt sehr stark so, als wolle er Dynamite bitten und betteln lassen, nur um dann doch abzulehnen. Die letzten Monate haben gezeigt, dass Breads sein Ego sehr viel wichtiger ist als die Zukunft der GFCW.


Robert Breads: "Ansonsten heißt es wohl Abschied nehmen. Ich würde eine Montage der besten Mirkan Uysal Momente abspielen, aber es gibt keine. Sein größter Erfolg ist es, von mir gedemütigt worden zu sein. Ich würde stattdessen die Highlights des GFCW-Förderkaders zeigen lassen, aber das wäre bloß ein Marc Hill Highlights Video, und das sollte in einem würdigeren Rahmen gezeigt werden. Also schließen wir das Kapitel Förderkader samt seines weder liebenswürdigen noch kompetenten Anführers, Mirkan Uysal, mit den Worten-"


Der Förderkader ist nicht tot.“

Das ist wohl der Moment, in dem bei einer Hochzeit jemand aus der letzten Reihe aufspringt und Einspruch erhebt. Doch weil dies keine Hochzeit, sondern eine Beerdigung ist, blicken die Anwesenden irritiert um sich, um den Mann auszumachen, dessen Stimme das Begräbnis so rüde unterbrochen hat.


Lorenz: „Wer wagt es?“


Ein strenges Umschauen, dann ist der Störenfried ausgemacht. Jemand, der bislang still am Rand der hintersten Bank saß, steht auf. Langsam, kontrolliert – um deutlich zu machen, dass sein Zwischenruf keinesfalls ein emotionaler Ausbruch war, sondern wohlkalkuliert.

Der Mann schiebt sich an den anderen Gästen vorbei, bis er zentral vor dem Podium steht und somit der dort versammelt LPG in die Augen sehen kann.


Viggo: „Ich wage es.“


Tatsächlich. Viggo. Mit diesen drei einfachen Worten meldet sich der ehemalige Intercontinental Champion in der GFCW zurück. Und doch – die Kenntnis um seine Identität macht das alles nicht weniger verwirrend.

Warum ist Viggo hier? Was hat er vor? Warum unterbricht er Robert Breads? Fragen über Fragen, auf die es keine Antwort gibt. Entsprechend verwirrt blickt Lorenz drein. Selbst das Trauerrohr scheint irritiert zu sein, auch wenn man das mangels sonstiger Mimik nur an der angespannten Körperhaltung ausmachen kann.


Robert Breads: “Was soll das bitte heißen?”


Erstmals in der Szene schwenkt die Kamera um und zeigt Viggo von vorne. Der Engländer hat sich verändert. Zwar sind seine Gesichtszüge die gleichen, doch ansonsten bietet er einen ungewohnten Anblick. Sein strubbeliges, oftmals wild abstehendes Haar ist raspelkurz geschnitten, aus dem Dreitagebart ist ein Vollbart geworden – das jungenhafte Äußere zeigt sich nur noch in seinem Lächeln, ansonsten, so scheint es, ist Viggo um ein erwachseneres Äußeres bemüht. Von der Unsicherheit seiner letzten GFCW-Tage ist nicht mehr viel zu spüren. Er steht selbstbewusst dar, obwohl ihn drei LPGler feindselig anschauen.


Viggo: „Der Weg von Mirkan Uysal ist zu Ende.“


Der Londoner sucht bei diesen Worten den Augenkontakt zu Robert Breads.


Viggo: „Die Idee der Nachwuchsförderung ist es nicht.“

Robert Breads: “Es hätte wirklich bessere Wege gegeben, mir meinen alten Job wieder anzubieten. Auch wenn ich nicht weiß, was du damit zu tun hast.”


Auch wenn der Hall of Famer die Worte mit gewohnter Bissigkeit vorträgt und einen ironischen Anschein wart: Sein Blick ist nicht frei von Hoffnung. Doch kaum hat Breads ausgesprochen, da schüttelt Viggo energisch mit dem Kopf.


Viggo: „Diese Liga gibt nicht jemandem einen Posten, dessen Bewerbungsschreiben es war, die letzte Generation des Förderkaders nach Belieben zu manipulieren.“


Breads setzt an, um zu widersprechen. Um auszudrücken, dass sich Uysal mit seiner Talentlosigkeit selbst manipuliert hat. Doch Viggo spricht schnell und laut genug weiter, um Breads zu übertönen.


Viggo: „Außerdem, Robert Breads, bist du doch ausreichend damit beschäftigt, zwei Freakshows zu managen. Die LPG und deinen eigenen Förderkader. Ich bin mir sicher: Wenn du und dein Trüffelschwein noch monatelang weitersuchen, findest du in diesem riesigen Haufen WFW-Werbung vielleicht sogar eine Frau, deren Besonderheit nicht ein alberner Spleen ist, sondern dass – kaum vorstellbar, aber nicht ganz unmöglich – sie ernsthaft talentiert ist.“


Man sieht Breads an, dass er darauf gerne sofort etwas erwidern würde, aber ihm scheint in diesem Augenblick schlicht nichts Schlagfertiges einzufallen. Er hat monatelang auf dem Förderkader herumgehackt, und nun, wo es gilt, seine eigene Kreation zu verteidigen, bleibt ihm die Zunge im Halse stecken.


Viggo: „Der neue Förderkader…“


Der ehemalige Intercontinental-Champion stemmt die Hände in die Hüften.


Viggo: „…wird von mir geführt.“

Lorenz: “Wie absurd. Du bist doch selbst noch lange kein Veteran. Und selbst wenn: Bislang verbinde ich den Namen “Viggo” nicht mit einem Leader, sondern mit blindem Gehorsam.”

Das Trauerrohr: “FAKT!”


Auf die Reihe von Vorwürfen, die ihm gemacht werden, reagiert Viggo auf unerwartete Weise: Er nickt.


Viggo: „Korrekt. Ich widerspreche dieser Aufzählung nicht. Meine Karriere ist eine Ansammlung von Rückschlägen und Demütigungen: Ich war der hirngewaschene Lakai von Holly Hutcherson. Ich war der willenlose Helfer von Darragh Switzenberg. Dann habe ich den wichtigsten Kampf meiner Karriere bei Title Night verloren und bin in ein tiefes Loch gefallen…“


Er spricht es ohne Scham aus, sondern sachlich und ruhig.


Viggo: „…aber was zählt ist, dass ich daraus die richtigen Schlüsse gezogen habe. Nach jedem Rückschlag kam ich zurück, ein Stückchen weiser als zuvor. Nein, perfekt bin ich wirklich nicht – aber ich kann aus Fehlern lernen. Und das habe ich mehr als jeder andere deutlich gemacht.“


Der Londoner fährt mit seinem Blick die Gesichter der Anwesenden ab. Ihm schlägt nicht eine Spur Sympathie entgegen.


Viggo: „Aus Fehlern lernen. Das ist eine Eigenschaft, die für Rookies wichtiger als alles andere ist. Es ist authentisch. Jeder Neuling wird Fehler machen. Aber was zählt ist nicht, wo man am Anfang steht, sondern wo man am Ende ist. Das sind Fortschritte. Und das ist meine Mission als Headcoach des neuen Förderkaders.“


Wieder macht Viggo einen Schritt vor. Erst sieht es aus, als wolle er direkt auf die LPG zugehen – in die Höhle der Schweine sozusagen – doch dann lässt er sie stehen und stellt sich direkt vor den Sarg. Er legt eine Hand auf und streicht über die knallpinke Oberfläche.


Viggo: „Genießt eure alberne Beerdigung hier. Doch dir, Robert…“


Erneut sucht er den Blick des Hall of Famers.


Viggo: „…rate ich, nicht abermals den Konflikt mit dem Förderkader zu wählen. Du hast nicht mehr viel Zeit in deiner Karriere und du kannst sie besser nutzen, als einen Kleinkrieg aus verletztem Stolz anzuzetteln. Belasse es bei einem würdigeren Abgang.“




War Evening, Sporthalle Hamburg (Hamburg), 13.06.2025


In Kooperation mit




Petey the Kid: „Man sagt über dich, du hast immer ein Ass im Ärmel, Wild Sven. Lust auf ein Spiel?“


Der Revolverheld setzt seinen Hut ab und betritt den Saloon. Unter ihm knarzt der Holzboden bei jedem Schritt. Eine Mischung aus Tabakrauch, verschüttetem Whiskey und dem staubigen Duft des Tages liegt schwer in der Luft. Es ist dämmrig, ein paar wenige Lichtstrahlen fallen durch die schmutzigen Fenster.

Der Angesprochene sitzt an einem der Spieltische. Er tippt sich an die Hutkrempe, aber blickt nicht auf. Nimmt einen Zug von seiner Zigarrete.


Wild Sven Hickok: „Setz‘ dich, wenn du verlieren kannst.“


Ein Klavier klimpert in der Ecke, schief und langsam, gespielt von einem müden alten Mann mit zitternden Fingern (nicht Robert Breads). Melodie kann man das Gejammer kaum kennen, aber es passt zur Spannung, die in der Luft liegt. Neben ihm tanzt eine Dame in rotem Kleid, halbherzig, mit einem Lächeln, das nur ihre Lippen trägt, nicht die Augen. Und doch sind alle Augen auf die zwei Revolverhelden gerichtet, die sich nun gegenübersitzen.

Wild Sven mischt die Karten.


Petey the Kid: „Was spielen wir?“

Wild Sven Hickok: „Red‘ nicht so viel. Versuch einfach, meine Karten zu schlagen. Aber das wird dir nicht gelingen. Denn ich beginne mit…“


Sven wirft die erste Karte ab. Es ist keine Herz-Dame, kein Kreuz-Bube. Auch kein Bild von Petes Mutter. Nein, es ist eine Sonderkarte. Auf ihr prangt das Gesicht von Marc Hill – in einer POWER-Pose.


In dem Moment, in dem die Karte den Tisch berührt, flackert das Licht. Ein Summen durchzieht die Luft. Dann erscheint eine Projektion – sie schießt von der Karte aus wie eine Pistolenkugel durch den Saoon. Rauch zischt über den Boden.


Marc Hill steht plötzlich mitten im Raum. Ein Abbild von ihm, ein Videotrick. Kein Zweifel – er ist nicht körperlich da, aber sein Abbild wirkt so echt, dass Gläser vor Schreck umkippen.


Sein Hologramm-Ich dreht sich langsam. Der Blick brennt durch die Gäste hindurch. Dann, mit einem einzigen, kraftvollen Schrei, reißt er beide Arme hoch – und Tische fliegen durch die Luft, als wären sie nur Spielzeug. Der eine kracht gegen die Wand, ein anderer schleudert in den Klavierspieler. Die Kerzen auf der Bar flackern bedrohlich.


POWER!


Darunter erscheint eine Einblendung:

Marc Hill – Teilnehmer an der Saloon Battle Royal bei High Noon.


Petey the Kid: „Nicht schlecht, alter Junge. Aber ich kontere…“

Wild Sven Hickok: „Meine Karte ist nicht zu kontern!“

Petey the Kid: „…mit jemandem aus dem eigenen Haus.“


Auch Petey wirft eine Karte ab. Sie zeigt das Bild…des SPRACHROHRS! Als die Karte auf dem Tisch landet, gibt es wieder den CGI-Blitz. Wieder Rauch, eine kleine Explosion. Dann steht per Videotrick das Sprachrohr mitten im Raum. Es schlägt ein Rad, kommt wieder auf die Beine. Springt aus dem Stand von einem Tisch zum anderen.


Darunter erscheint eine Einblendung:

Das Sprachrohr – Teilnehmer an der Saloon Battle Royal bei High Noon.


Petey the Kid: „Meine Karte zeigt den Sieger. FAKT!“

Wild Sven Hickok: „LÜGE! Denn ich habe ein Ass im Ärmel…“


Wortwörtlich schüttelt er eine Karte aus seinem Hemd hervor. Sie fliegt im hohen Bogen auf den Tisch. Eine Explosion.


Dann steht Zane Levy im Raum.


Wild Sven Hickok: „Ein Ass, welches schon World Champion war. Kein Zweifel, dass ER die Saloon Battle Royal gewinnen wird.“


Levy – oder seine CGI-Version – läuft mit schnellen Schritten durch den Saloon. Er packt sich einen Tisch, auf dem das Sprachrohr gerade einen viralen, einhändigen Handstand verführt und wirft den Tisch rüde um. Das Sprachrohr fliegt durch den Schwung über die Bar und räumt Flaschen voller Fusel ab.


Petey the Kid: „Nicht schlecht. Aber ich kann das schlagen.“

Wild Sven Hickok: „Du hast nur noch eine Karte…dummer Junge!“

Petey the Kid: „Mit einem…“


Grinsend zieht Petey sein eigenes Ass hervor. Er legt es fast schon ehrfürchtig auf dem Tisch ab.


Es zeigt einen Mann, den man seit langer Zeit nicht mehr gesehen hat. Doch der in die Saloon Battle Royal passt wie die Faust aufs Auge.


Ein CGI-Blitz.

Dann lungert NIANDER CASSADY-TAYLOR an der Bar und prostet Hill, Levy und Sprachrohr herablassend zu.


Petey the Kid: „Er wird wiederkommen, Sven. Und er wird die Saloon-Schlacht gewinnen. Verlass dich drauf.“


Siegessicher steht Petey auf. Tippt sich zum Gruß an die Hutkrempe und stolziert davon. Zurück bleibt Sven Hickok. Der Glücksspieler hat die Faust vor Ärger geballt.


Wild Sven Hickok: „Freu dich nicht zu früh. In zwei Wochen spielen wir weiter…“


Mit dem Ärmel wischt er seine Karten zusammen und verstaut sie in einem Deck.


Wild Sven Hickok: „…und dann werde ich das letzte Ass im Ärmel haben.“


Seufzend lehnt sich Sven im Stuhl zurück. Holz knarzt. Das Klavier beginnt wieder zu klimpern.


Und langsam fadet die Szene aus. Sie macht Platz für eine Einblendung. Für ein Poster, welches man schon gesehen. Doch neu sind die vier Namen, die darunter stehen. Die Karten, die heute gespielt wurden – die ersten bestätigten Teilnehmer bei High Noon.




Bisher bestätigte Teilnehmer:


Marc Hill

Das Sprachrohr

Zane Levy

Niander Cassady-Taylor



Die Kamera rauscht durch das Halbdunkel – dann blendet sie auf: 7.000 tobende Fans in der ausverkauften Sporthalle Hamburg! Oder wie man in der GFCW sagt: Business as usual. Noch nie hatte man Probleme, die Hallen auszuverkaufen, die Euphorie des Publikums ist ein ständiger Begleiter der Dortmunder Kultliga. So auch heute. War Evening in Hamburg. Die Stadt, die Tomas Ujfalusi und Marinus Bester groß gemacht hat. Wen macht sie heute groß?


Lichtblitze zucken durch den Nebel, Fangesänge hallen von den Tribünen, Schilder werden in die Höhe gereckt: „BREADS IS WASHED UP“ trifft auf „LEGENDS NEVER DIE!“ nur zwei Reihen weiter. Besonders lange bleibt die Kamera bei einem Unfall von einem Schild, welches trotzdem von einem Kind stolz in die Luft gereckt wird.


Die Luft vibriert, als Pyros die Bühne in Flammen tauchen. Einfach so, für den Effekt. Der Tron leuchtet auf, das Logo von WAR EVENING ballert über den Screen. Dann dröhnt der Bass des Showthemes aus den Boxen.

Die Kamera fliegt über den Entrance, über jubelnde Gesichter und glühende Augen – dann zoomt sie direkt an den Ring, wo bereits das Kommentatorenpult steht. Dort sitzen sie:


Pete, mit breitem Grinsen und Headset im Anschlag.

Sven, die Sonnenbrille auf der Nase, gewohnt geil.


Sven: „JAAAAAAA! Wir sind drauf!“


Euphorisch trommelt Sven auf sein Kommentatorenpult. Er wischt sich einen roten Fleck aus dem Nasenloch.


Sven: „Und die Kameras für War Evening laufen übrigens auch schon. Pete, bist du da? Meine Sonnenbrille ist so dunkel, das ist so schwer zu erkennen.“

Pete: „Ich bin da. Schauen wir doch mal auf die Card.“

Sven: „HALLOOO? WO KOMMT DIESE STIMME HER?“


Singles Match:

Zac Alonso vs. Hugo "Meathook" Rodriguez

Referee: Thorsten Baumgärtner


Pete: „Meathook feiert sein Comeback in der Liga. Rein statistisch gesehen ist unser Fleischfreund und Metzger keine große Nummer in der GFCW-Geschichte. Aber allein schon körperlich kann man ihn niemals auf die leichte Schulter nehmen.“

Sven: „Denn er ist FETT!“

Pete: „Über 180 Kilogramms werden sich Zac Alonso in den Weg stellen. Und der bringt nicht einmal 90 Kilogramm auf die Waage.“

Sven: „Aber Zac wird das machen. Ich spüre das. Nenne das meinen Instinkt, Pete. Da sprechen 25 Jahre Erfahrung aus mir.“

Pete: „Auch ich habe 25 Jahre Erfahrung, Sven. Und ich bin mir nicht sicher. Ich rechne Meathook Chancen aus.“

Sven: „25 Jahre hinterherhecheln im Windschatten und in meinem Glanz am Pult sonnen sind doch nicht gleichwertig. Kein Widerspruch mehr von jemandem, den ich gar nicht sehe.“


Singles Match:

Skaði Fenrir vs. Milly Vermillion

Referee: Mike Gard


Pete: „Ein internes Duell der Schweineperlen. Skaði, die als Allererste gecasted wurde, tritt heute gegen den Phoenix Milly Vermillion an.“


Sven: „Wolf gegen so’nen brennenden Vogel. Oder Huhn, wie Fenrir sagen würde. Das beste Tierduell in der GFCW seit Mohi gegen Lutz.“


Pete: „Milly ist zweifelsfrei talentiert, doch als…nun ja, Phönix, fällt es ihr manchmal nicht so leicht, die Regeln des Wrestlings anzuwenden. Könnte ihr das heute den Sieg kosten, Sven?“


Sven: „Und wenn nicht, dann kann sie sich ja einfach anzünden und wiederaufstehen. Hat bei Firebird ja auch geklappt…wobei, auf den Wiederaufstehen-Part warten wir in der GFCW seit 25 Jahren.“


GOAT Challenge Match:

Robert Breads vs. ???

Referee: Karo Herzog


Erneut fährt die Kamera zu dem Schilderkind hinüber. Es hat das Motiv gewechselt und zeigt die neue Zeichnung ebenso begeistert in die Kamera wie zuvor.



Pete: „Der selbsternannte GOAT ist wieder auf dem Weg nach oben, könnte man meinen. Im Jahr 2025 ist seine Statistik deutlich besser als noch in ärgsten Krisenzeiten.“

Sven: „Deshalb wird er direkt größenwahnsinnig und ruft eine GOAT-Challenge aus. Wieso können die Leute nicht so bescheiden sein wie ich?“

Pete: „Wer könnte die Sache annehmen, Sven?“

Sven: „Was weiß denn ich? Es war vorhin so dunkel backstage, ich habe gar nicht gesehen, wer anwesend ist. Doch eines ist klar: Der ALTE Breads kann jeden schlagen, wenn er sein Game auf die Reihe bekommt. Außer Aldo Nero. Niemand kann Aldo Nero schlagen.“



Singles Match - Non Title:

Ask Skogur vs. Jason Crutch

Referee: Mike Kontrak


Pete: „Unser Main Event – was für ein Match!“

Sven: „Eine Asetzung so fett wie Meathook.“

Pete: „Jason Crutch ist zweimal am Intercontinental-Title gescheitert. Doch wenn er unseren World Champion schlägt, ist er mit einem Schlag wieder ganz oben.“

Sven: „Naja, nicht ganz. Er wäre immer noch hinter ALDO NERO.“

Pete: „Apropos Aldo Nero.“

Sven: „Der Beste.“

Pete: „Er hat Ansprüche auf Asks Titel angemeldet. Glaubst du, dass er sich in diesen Kampf einmischt?“

Sven: „Ich glaube nicht. Das hat er doch gar nicht nötig.“

Pete: „Also können wir uns nach Meinung des Experten Sven…“

Sven: „FAKT!“

Pete: „…auf einen fair verlaufenden, sportlichen Main Event freuen. Ein Match, welches PPV-Qualität hat. So wie sicherlich auch der Rest der Show. Also dann, liebe GFCW-Fans, genießt die Show!“





Pete: „Zac Alonso auf dem Weg zum Ring. Und das heißt: Gleich gibt es zum ersten Mal Action am heutigen Abend.“


Mit einem breiten Grinsen im Gesicht und einer ebenso breiten Brust marschiert Zac Alonso durch den Vorhang und Richtung Ring. Ist es grenzenloses Selbstbewusstsein oder Narrentum, dass er so gut gelaunt ist, wo es doch gegen „Meathook“ Hugo Rodriguez geht? Gegen einen Mann, der 100 Kilo mehr als Zac Alonso auf die Waage bringt.

Und eben jener Meathook steht bereits im Ring und erwartet seinen Gegner. Rodriguez ist in seinem wohlbekannten und geschmacklosen Outfit gekleidet – eine blutige Metzgerschürze. Er fletscht die Zähne, während er aus zusammengekniffenen Augen verfolgt, wie sein schmächtiges Opfer zum Ring stolziert.


Sven: „Schau ihn dir an. Widerlich. Warum hat die GFCW Meathook noch immer auf der Gehaltsliste? Man könnte das Geld besser investieren und beispielsweise dem zukünftigen GFCW-Champion Aldo Nero eine Lohnerhöhung geben.“


Alonso ist auf der Hälfte der Rampe angekommen. Zeit für ihn, einmal stehenzubleiben und zu posieren: Der Mann aus Hollywood trägt ein einfaches Ringoutfit – enganliegende schwarze Shorts, ebenso schwarze Kneepads und weiße Stiefel. Am auffälligsten an ihm ist sowieso die Vielzahl an Tattoos, die an seinem Körper verteilt ist, seine Haut sieht aus wie eine Leinwand, auf der aus reiner Lust und Laune verschiedene Skizzen hinterlassen wurden, ohne dass die Anordnung einem übergeordneten Konzept folgt.


Pete: „Was hat Alonso denn dabei?“


Eine berechtigte Frage. Denn für die Kameras und die Hallenzuschauer deutlich sichtbar ist, dass Alonso einen Weidenkorb in seiner Hand hält. Und als er die Ringtreppe erklimmt, stemmt er den Korb sogar in die Luft, als würde er einen Titel präsentieren. Doch was befindet sich IM Korb? Noch ist der Inhalt unter einem Tuch verborgen.


Zac Alonso: „Hamburg, ich bitte um etwas Geduld.“


BUUUUUH!“


Zac Alonso: „Ich weiß, ich weiß. Ich alle könnt es nicht erwarten, zu sehen, wie der grazile Zacalo dieses unförmige Biest in den Staub schickt.“


Ein bedrohliches Grunzen geht von Meathook aus. Thorsten Baumgärtner geht zu ihm hin, um auf den Metzger einzureden und zu verhindern, dass er einfach den Kampf beginnt, bevor offiziell angeläutet wird.


Zac Alonso: „Doch zunächst habe ich zwei andere Dinge zu erledigen. Und das Erste ist die Ankündigung…“


Der Switzidogisstant stellt sein Weidenkörbchen auf der Ringmatte ab, um die freie Hand in großer Pose zur Seite werfen zu können, so dass er eine statuengleiche Pose einnimmt. Siegessicher, stolz.


Zac Alonso: „…dass vor euch der kommende Sieger der Saloon Battle Royal bei High Noon stehen wird. Ja, die Gerüchte aus den Hollywoodgazetten haben sich bestätigt. Ich nehme wirklich teil.“


Pete: „Welche Gerüchte, Sven?“

Sven: „Pssst.“


Die Zuschauer zweifeln ebenso wie Pete daran, dass es irgendwelche Gerüchte über eine Teilnahme von Alonso gab oder dass seine Teilnahme bei High Noon eine große Überraschung ist. Aber über die folgenden Buhrufe geht Alonso genauso galant hinweg, wie es sein Chef Darragh Switzenberg sonst immer tut.


Zac Alonso: „Ich werde mir den Sieg bei der Saloon Battle Royal nehmen. Doch guterzogene Menschen wie ich wissen: Geben ist seliger als nehmen.“


Mit diesen Worten hebt er sein Weidenkörbchen wieder von der Matte auf. Es ist offenbar…ein Geschenkkorb!?


Zac Alonso: „Deshalb möchte ich im Namen des Switziverse Unlimited heute einer ganz besonderen Person hier im Ring ein Geschenk machen.“


Pete: „Sven? Wo willst du hin? Warum hast du dein Headset abgesetzt?“

Sven: „Du hast doch gehört, ich kriege ein Ge…-“


Im Ring jedoch ist es nicht Svens Name der fällt, als Alonso noch einmal das Mikrofon an die Lippen führt und mit seinen Ausführungen weitermacht.


Zac Alonso: „Der Empfänger des Geschenks ist jemand, den wir beim Switziverse sehr schätzen und den wir gerne an unserer Seite hätte. Ich bitte dich, in den Ring zu kommen…“


Sein Blick geht zur Kamera, so als könne er dadurch direkt zum Angesprochenen reden.


Zac Alonso: „…Rasmus Rantanen!“



Ohne große Verzögerung ertönt die Musik Rasmus Rantanens – und tatsächlich marschiert der Kieler zum Ring. Rantanen, der schon vor zwei Wochen von Fleestedt zum Switziverse gelockt werden sollte, hat kein Lächeln im Gesicht, aber einen interessierten Ausdruck. Er, daran besteht kein Zweifel, findet nehmen definitiv seliger als geben und somit dürfte er einem Geschenk nicht abgeneigt sein.


Während Rantanen die Rampe hinabläuft, sind die Fanreaktionen gemischt. Auf der einen Seite gibt es Jubel von jenen, die Rantanen während seiner Fehde mit Rotari ins Herz geschlossen haben – auf der anderen Seite jedoch ist die Unterstützung wieder gesunken, nachdem er vor zwei Wochen das Switziverse-Angebot nicht abgelehnt hat.


Wird er sich heute entschieden?


Zac Alonso: „Rasmus, wie schön.“


Sobald der Deutsch-Finne im Ring angekommen ist, klopft Alonso ihm jovial auf die Schulter, als wären sie alte Kumpels. Rantanen blickt mit undeutbarer Geste auf die Hand Alonsos und wirkt erst wieder so richtig zufrieden, als seine Schulter in Ruhe gelassen wird.


Zac Alonso: „Nimmst du das Geschenk an?“


Rasmus Rantanen: „Her damit.“


Alonso braucht seinem Gegenüber den Korb gar nicht reichen. Gierig greift Rantanen nach dem Geschenk und zieht es an sich. Kein Wort des Dankes kommt über seine Lippen – zumindest nicht für Alonso. Lediglich für das Kreuz um seinen Hals hat Rantanen einen kurzen Kuss übrig, offenbar sieht er auch diese unerwartete Wendung als Begünstigung durch das gottgewollte Schicksal.


Rantanen betrachtet den Korb von allen Seiten. Einen Reim kann er sich nicht darauf machen, was ihm unter der Abdeckung erwartet. Aber einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul.


Zac Alonso: „Was du hier hast, Rasmus, ist das bald im GFCW-Shop für 89,99€ erhältliche…“


Der Switzidogisstant holt tief Luft, um seine Ankündigung im nächsten Moment mit der Stimme eines Ringansagers vorzuführen.


Zac Alonso: „…Rasmus & Switziverse-Friendship-Starterset!“


Der Einzige, der nach dieser Ankündigung euphorisch applaudiert, ist Alonso selbst. Rantanen unterdessen zieht erst die Augenbrauen zusammen und dann die Decke vom Geschenkkorb ab.

Er blickt auf eine Ansammlung von fünf Gegenständen.



Sven: „WUNDERSCHÖNES SET! Pete, du solltest für alles einen Werbespot drehen.“


Auch Alonso ist ganz aus dem Häuschen. Er blickt auf Rantanen wie eine Mutter, die ihr Kind unter dem Tannenbaum dabei beobachtet, wie es Weihnachtsgeschenke auspackt.


Zac Alonso: „Die vollmundigen Switzidogschwänzchen bieten dir einen Vorgeschmack auf das süße Leben als Teil des dominierendsten Stables der GFCW-Geschichte.“


Er greift nach den Pralinen und schüttelt sie direkt vor Rantanens Gesicht.


Zac Alonso: „Switzischlürf ist der perfekte Wein, um unsere gemeinsamen Triumphe zu begießen. Und von deren wird es viele geben, sehr viele. Um ehrlich zu sein: Wir werden so oft gewinnen, dass du müde vom Gewinnen wirst.


Beim letzten Satz schürzt Alonso die Lippen und verfällt in den leierhaften Tonfall des US-Präsidenten – denn tatsächlich handelt es sich hierbei um ein Zitat. Und wie jeder weiß, sind perfekte Imitationen die Spezialität Alonsos. Die Buhrufe des Publikums feiert er mit dem ikonischen Tänzchen des Orange Man.


Zac Alonso: „Wenn du vom ganzen Gewinnen eine Ruhepause brauchst, kannst du dich mit dem Switzidog-Plushie auf ein Sofa zurückziehen, im gemütlichen Switzidog-Shirt herumlungern und dabei…“


Er greift nach der Bibel und schlägt sie auf. Man sieht bekannte Szenen in einer – sagen wir eigenwilligen – neuen Interpretation.


Zac Alonso: „…dein Lieblingsbuch in einer ganz besonderen Edition lesen.“


Damit hat Alonso die einzelnen Geschenke im Korb vorgestellt. Entsprechend ist man gespannt, wie Rantanen darauf regiert. Der Kieler steht noch immer in der Mitte des Ringes, hat den Korb im Ring.

Langsam wandert sein Blick zu Alonso zurück.


Zac Alonso: „Nun?“


Stille. Unangenehme Stille. Denn Rantanen gibt keine Antwort. Mit jeder Sekunde blickt Alonso ein Stück ungeduldiger drein.


Zac Alonso: „Was sagst du zu unseren Geschenken? Sie kommen übrigens mit den besten Grüßen von Darragh Switzenberg.“

Rasmus Rantanen: „Mehr.“

Zac Alonso: „Mehr?“

Rasmus Rantanen: „Ich – will – mehr.“


Der Switzidogisstant brauchte eine Sekunde, um sich zu sammeln. Ungläubig legt er den Kopf schief. Sein Blick wandert zum Geschenkkorb. Sind diese hervorragenden Produkte nicht genug, um Rasmus Rantanen dazu zu bewegen, dem Switziverse beizutreten?


Zac Alonso: „Das ist ziemlich gier…-“


…ig sollte der Satz wohl enden. Denn er wurde von Alonso entsprechend empört vorgetragen. Doch bevor er die letzte Silbe ausspricht, besinnt er sich eines Besseren. Oder vielleicht auch einfach seinem Auftrag, der offenkundig lautet: Klopfe Rantanen weich, so dass er dem Switziverse beitritt.

Als Alonso das realisiert hat, ziert sein Gesicht wieder ein perfektes Lächeln. Er legt Rantanen verständnisvoll eine Hand auf die Schulter.


Zac Alonso: „Natürlich, Rasmus. Ich versuche es dir zu ermöglichen. Das SWITZIVERSE versucht es dir zu ermöglichen. Denn wir schätzen dich wirklich sehr, weißt du?“

Rasmus Rantanen: „Gib mir…“


Rantanen schenkt Alonso ein herausforderndes Grinsen. Er scheint es als eine Art Spiel zu sehen, bei dem es darum geht herauszufinden, wie weit er gehen kann. Wo die Grenzen liegen.


Rasmus Rantanen: „…dein Match.

Zac Alonso: „WAS?“


Der Kieler übergeht Alonsos erschrockenen Ausruf und deutet auf Hugo Rodriguez, der noch immer am Ringpfosten steht und nun überrascht die Augenbrauen hochnimmt.


Rasmus Rantanen: „Du hast mich schon richtig verstanden, Zac. Ich will dein Match. Ich bin nicht in dieser Liga, um Schokolade zu fressen und Wein zu saufen. Ich bin hier, um mich im Spotlight zu sonnen. Ich habe Aiden Rotari geschlagen – ich bin etwas Besonderes, weißt du?“


Mechanisches Nicken von Alonso. Da stimmt er zu. Nein, da MUSS er zustimmen.


Rasmus Rantanen: „Und deshalb will ich es sein, der diesen Fleischklops jetzt zu Boden schickt. David gegen Goliath. Ich will die Geschichte neu schreiben. Ich will deutlich machen, wer das heißeste Eisen im GFCW-Feuer ist.“


Er macht einen Schritt auf Alonso zu, hält ihm das Mikrofon direkt vor das Gesicht.


Rasmus Rantanen: „Also gib‘ mir dein Match. Zur Seite mir dir.“


Rantanen legt den Kopf schief.


Rasmus Rantanen: „Oder ist es dem Switziverse nicht ernst damit, mich zu eurem Freund zu machen?“


Ein Blick auf Alonso: Man sieht ihm an, dass er am Liebsten widersprechen würde. Dass er herausschreien würde: Ich gebe dir diesen Kampf nicht, Rasmus. Aber seine Stimme bleibt aus. Er wird nicht laut. Er sagt gar nichts.

Er steht nur da…und dann, ganz langsam, tritt er zur Seite.


Wie ein geprügelter Hund, wie ein begossener Pudel, verzieht sich Zac Alonso aus dem Ring. Er, der so stolz und kampfeslustig aufmarschiert war, darf jetzt nicht antreten, wenn er seinen Auftrag erfüllen will. Er muss den Platz an Rantanen geben. Im Weggehen nickt er Torsten Baumgärtner zu, um seinen Rückzug zu bestätigen.


Im Ring zieht sich Rasmus Rantanen sein Shirt über den Kopf. Dann drückt er seiner Kette einen Kuss auf und flüstert ein „Danke, Jesus“. Das Schicksal meint es wieder einmal gut mit ihm. Also Hugo Rodriguez, dieser fast 200 Kilogramm schwere Fleischkoloss auf ihn zumarschiert, ist Rantanen ohne Angst. Die letzten Wochen haben dazu geführt, dass er sich unverwundbar fühlt. Er ist nicht nur der Auserwählte des Himmels, sondern auch des Switziverses. Die Welt, sie dreht sich wirklich nur um ihn – und nichts könnte Rantanen glücklicher machen.


Singles Match:

Rasmus Rantanen vs. Hugo „Meathook“ Rodriguez

Referee: Thorsten Baumgärtner

Der Gong ertönt – und schon in den ersten Sekunden wird klar, dass es für Rasmus Rantanen kein normales Match wird. Ihm gegenüber steht Hugo „Meathook“ Rodriguez, ein 190 Kilogramm schwerer Fleischer, dessen ganzer Körper wie aus rohem Mett geformt scheint. In den Augen des Kolosses brennt Hunger. Nicht auf Respekt. Auf Zerstörung.


Aber Rantanen hat es so ja gewollt. Er brennt auf diesen Kampf. Er brennt darauf, sich zu beweisen.


Rantanen ist schnell, wendig, aufmerksam – aber jeder Schritt im Ring bringt ihn näher an einen Mann, der ihn mit einem einzigen Treffer ausknocken könnte. Rodriguez versucht gar nicht erst, technische Akzente zu setzen. Der Metzger marschiert einfach los. Rantanen weicht ihm mehrfach aus, trifft mit Leg Kicks und einem Dropkick gegen das Knie, doch Meathook zuckt kaum. Und wenn es doch mal ein Wirkungstreffer ist, dann kann Meathook den Schmerz wieder abschütteln, ohne zu Boden zu Boden.


Bereut Rantanen seine Wahl schon? Die Herausforderung scheint größer als gedacht.


Ein erster Versuch zum Running Crossbody endet für Rasmus brutal: Rodriguez fängt ihn in der Luft ab, hebt ihn hoch wie ein Kind – und schleudert ihn mit einem Belly-to-Belly über die halbe Matte. Die Fans raunen laut, während Rantanen sich den Rücken hält. Anfeuerungsrufe für den Kieler…hier, in der Underdog-Position, verzieht man ihm auch wieder seine unklare Haltung zum Switziverse. Man will ihn gewinnen sehen. Sympathien für den dicken Fleischer gibt es kaum, zu kalt, zu unmenschlich ist dessen Ausstrahlung.


Meathook geht sofort hinterher, tritt auf den am Boden liegenden Gegner ein, presst ihn in der Ecke mit seiner gesamten Körpermasse gegen das Turnbuckle, als wolle er ihn dort schlicht plattdrücken.


Doch so heftig die Einschläge auch sind – Rantanen gibt nicht auf. Immer wieder sucht er Fluchtwege, überlebt, klammert sich an Hoffnung und Bewegung. In einem kurzen Moment der Orientierungslosigkeit des Riesen gelingt ihm ein Befreiungsschlag: Rasmus taucht unter einem wuchtigen Lariat hindurch, rennt in die Seile, springt aufs zweite Seil – und zeigt einen perfekten Tornado DDT.


Rodriguez fällt – zum ersten Mal.


Es ist der Wendepunkt. Kurz. Aber deutlich.


Rantanen springt sofort auf, setzt einen zweiten Angriff nach – ein Low Dropkick gegen die Schulter des knieenden Meathook, dann ein schneller Roundhouse Kick an den Hinterkopf, sofort ein Cover: nur bis zwei.


Meathook drückt ihn einfach von sich, so dass Rantanen aus der Pin-Position einen guten Meter durch den Ring fliegt. Noch einmal ein beeindruckender Auftritt von Meathook, aber der Tank ist nicht mehr voll. Jeder Schritt des Kolosses wird schwerer. Das Atmen lauter.


Rantanen erkennt es. Er tanzt um ihn herum, lässt ihn ins Leere schlagen. Rodriguez schleppt sich in die Seile, wankt – da kommt der erste Knee Strike. Direkt ans Kinn. Der Riese schwankt. Zweiter Knee Strike! Jetzt geht Meathook auf ein Knie.


Die Halle jubelt.

Rasmus nimmt Anlauf – SUPERKICK!


Rodriguez klappt nach hinten, der Ring bebt. Rantanen wirft sich auf ihn.


EINS…


ZWEI…


DREI!


Rasmus Rantanen besiegt Hugo „Meathook“ Rodriguez.


Nicht mit Kraft.

Nicht mit Gewalt.

Sondern mit Herz, Verstand – und Geschwindigkeit.


Und während Rantanen auf die Knie sinkt und die Halle ihn feiert, bleibt Meathook regungslos liegen. Der Goliath ist gefallen. Und David lebt noch. Ganz so wie in der bekannten Geschichte.


Sieger des Matches durch Pinfall: Rasmus Rantanen!




Rasmus Rantanen hat gewonnen – den Kampf, für den er überhaupt nicht vorgesehen war.


Wenn Zac Alonso aber erwartet, dass Rantanen seine Siegesfeier dazu nutzt, um seinen Beitritt zum Stable zu bestätigen, damit sich die ganze Aktion gelohnt hat, hat sich der Switzidogisstant geschnitten. Denn nach nur kurzer Feier rollt sich Rantanen aus dem Ring und geht Richtung Backstagebereich, ohne Alonso überhaupt noch einmal anzusehen.

Zacalo blickt ihm bedröppelt hinterher. Jeden Schritt verfolgt er, hofft auf ein Wunder – darauf, dass Rantanen nur einen Scherz macht und jeden Moment umdreht, um sich für das Geschenkkörbchen zu bedanken und vor allem dafür, dass Alonso auf diesen glorreichen Sieg gegen Meathook verzichtet hat.


Doch dazu kommt es nicht. Rantanen verschwindet einfach.


Alonso rauft sich die Haare und sagt etwas zu sich, dass man nicht verstehen kann – aber allein schon dem Gesichtsausdruck nach dürfte es ein Ausdruck von Frustration sein.


Pete: „Was macht Alonso denn jetzt?“


Offenbar will Zac nicht ganz gehen, ohne seinen Moment⁓! gehabt zu haben. Also springt er von draußen auf den Apron und dann in einer fließenden Bewegung auf das Top Rope. Er braucht nicht lange, um sich dort zu positionieren. Schaut nur einmal, ob Meathook noch dort liegt, wo Rantanen ihn hinterlassen hat.


MOVIE STAR BOMB!

(Swanton Bomb)


Alonso landet mit dem Frustrationsangriff auf einem schon längst besiegten Gegner. Doch das ist ihm egal. Er springt wieder auf die Beine und reißt die Arme in die Luft, als habe er soeben bereits die Saloon Battle Royal gewonnen.

Zac dreht eine Ehrenrunde durch den Ring, dann rollt er sich nach draußen und wiederholt das Gleiche draußen vor dem Ring. Dann geht es zurück ins Squared Circle. Euphorisiert schüttelt Alonso an den Seilen und winkt den Fans zu, die ihn natürlich ausbuhen…aber das ist ihm egal. Er hat einen MOMENT gehabt. Der Ärger darüber, Rantanen den Vortritt lassen zu müssen, ist verraucht.



Unterbrochen wird die Siegesfeier von Zac Alonso von einem Song, den so gut wie jeder kennen dürfte, auch wenn er im GFCW-Kontext noch völlig neu ist - sobald aber die ersten Sekunden gespielt sind, ist es wenig überraschend, wer zu diesem Song herauskommt.

 

Und die einzige Stadt, die Marc Hill bejubeln würde, tut eben das.

 

Der Hamburger Jung tritt im Thimothée Atouba Trikot auf die Stage, und springt dabei voller Energie und abwechselnd mit je einem Bein hoch. Marc Hill ist ein Muskelpaket, ein Strongman, ein POWERhouse wie es im Buche steht, doch mit der Beweglichkeit ist es deswegen nicht soweit her. Das muss es aber auch nicht, denn man kann sehen, worauf er hinaus will: Er hat auf die Sohle des linken Schuhs das Logo von St. Pauli, auf die Sohle des rechten Schuhs das Logo von Werder Bremen geklebt. Somit trampelt er mit jedem massigen Schritt auf einem Rivalen des glorreichen ERSTLIGSTEN, dem Hamburger SV, herum.

 

Danach macht er sich auf den Weg zum Ring, wo Alonso sich mittlerweile heraus gerollt hat, um nicht in was-auch-immer hinein zu geraten, auch wenn er sich das Ganze aus sicherer Distanz weiter ansieht. Abwechselnd beißt Hill auf seinem Weg zum Ring in ein Fischbrötchen (linke Hand) und ein Franzbrötchen (rechte Hand), und schafft es tatsächlich, beide vollständig zu vernichten, ehe er am Seilgeviert ankommt. Er hält die Servietten, in die sie eingepackt wurden, triumphal hoch - eine zeigt die mit Fettflecken versähte Elbphilharmonie, die andere einen bekleckerten Hamburger Hafen.

 

"POWER!"

 

Hill brüllt das Wort mit Freude und Stolz heraus, und die versammelten Fans in der Heimat des Verräters sind mit von der Partie. Sie hätten wohl auch Judas angefeuert, wenn er auf der Reeperbahn aufgewachsen wäre. Voller Energie steigt Hill auf den Apron und steigt dann in den Ring, wo sich Hugo Rodriguez gerade irritiert umblickt, nachdem er sich auf die Beine gewuchtet hat.

 

Dann erblickt er Marc Hill. Beide Männer sind schließlich schwer zu übersehen, auch wenn Hill deutlich muskulöser ist als Rodriguez. Meathook sieht ein wenig verdattert drein, noch immer etwas mitgenommen von seiner jüngsten Pleite, und scheint sich zu fragen, was Marc von ihm will. Bekommt Meathook nun etwa einen Platz in der LPG?

 

"POWER!"

 

Das ist die Antwort von Hill, die er Meathook entgegen brüllt - und er brüllt wirklich, laut, mit umher fliegendem Speichel, ehe er Rodriguez mit einer wirklich üblen Clothesline umnietet.

 

Zum Jubel der Hamburger Fans.

 

Anschließend schnappt sich Hill Meathook und zieht ihn zu sich heran. Es geht ein "Ooooh!" und dann ein "Aaaah!" durch die Crowd, und man wird lauter - er wird doch nicht...? Er hat ja wohl nicht vor...? Kann er wirklich...?

 

Ja, er kann.

 

Denn Marc Hill hat die-

 

POWERBOMB!

 

Selbst für Hill ist es nicht leicht, Rodriguez in die Luft zu stemmen, und die Powerbomb wird deshalb eher eine Jackknife Variante - aber gerade das macht es so beeindruckend. Die wahnwitzige Stärke von Marc Hill ist vollends sichtbar, als der schwere Rodriguez auf die Matte klatscht, und Hill anschließend die Arme in die Luft reißt. Selbst Zac Alonso scheint Hill ein kleinwenig imponiert zu haben. Das Trikot spannt sich um Marc's beeindruckenden Bizeps, während Hill laut verkündet, dass genau das bei High Noon auch allen Gegnern der Lerbitz Performance Group droht - denn die Saloon Battle Royal hat einen Favoriten: Marc Hill.

 

Er hat etwas, was niemand sonst hat.

 

"POWER!"


"POWER!"


"POWER!"



Tammy: „Zur Seite! ICH werde die Neuigkeiten verkünden!“

Mac Müll: „Nein, ICH! Alter vor Schönheit!“


Nanu? Mac und Tammy im Clinch? Nicht nur in Worten, auch in Taten. Das Reporter-Duo steht im Backstagebereich. So weit, so üblich. Ganz und gar nicht üblich ist, dass sie gegenseitig versuchen, sich aus dem Bild zu drängeln.

Ein Jeder will vor die Kamera und etwas sagen, den anderen nicht zu Wort kommen lassen.


Tammy: „Ich war zuerst hier.“

Mac Müll: „Ich bin der Dienstältere.“


Keifend und drängelnd geht es einen Moment weiter, dann gelingt es Tammy, Mac Müll aus dem Bildrand zu schieben. Keine große Überraschung, schließlich ist Mac Müll ein zertifizierter Lappen und das seit 2001. Der LOSER trollt sich davon, Tammy setzt eine stolze Miene auf, schiebt sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und gewinnt ihre professionelle Attitüde zurück. Man kann nicht mehr erkennen, dass sie noch vor 15 Sekunden in einen kindischen Streit mit Mac Müll verwickelt war.


Ein Streit darum, irgendeine Neuigkeit zu verkünden.

Aber welche überhaupt?


Tammy: „Liebe GFCW-Fans. Hinter DIESER Tür wurde vor wenigen Minuten etwas Radikales entschieden.“


Sie lehnt ihren Oberkörper zur Seite, damit die Kamera mehr vom Hintergrund einfangen kann. Man sieht den typischen grauen Backstagelook, mit dem fast jede Halle aufwartet. Unterbrochen wird die Monotonie der farblosen Wand nur von einer einfachen Tür.


So weit, so unspektakulär. Wäre da nicht ein kleines Detail: An der Tür hängt ein Namensschild.


Dynamite.


Tammy: „Wie ich soeben belausch…- ich meine, wie ich aus sicherer Quelle erfahren habe, hat Dynamite in seinem Büro eine Entscheidung mit großer Tragweite getroffen.“


Ihr ist die Freude anzusehen, diese Neuigkeit verkünden zu dürfen. Der Sieg über das Opfer Mac Müll schmeckt noch immer süß.


Tammy: „Wie wir wissen, hat die GFCW einen neuen Head Coach bestimmt. Viggo.“


Das stimmt. Der ehemalige Intercontinental-Champion war bereits in seiner Rolle zu sehen – und führte das Erbe Mirkan Uysals insofern weiter, dass er in einen Konflikt mit der LPG geriet. Das alles geschah früher am Abend bei der „Beerdigung“ des Förderkaders.


Tammy: „Und als Erstes ist Viggo mit einer großen Bitte auf Dynamite zugekommen. Und zwar…“

Mac Müll: „…will Viggo einen KLAREN SCHNITT machen!“

Tammy: „RAUS AUS DEM BILD! Verschwinde endlich!“


Unsanft wird der lappenhafte Reporter zur Seite gedrängelt. Tammy schwillt die Halsschlagader, dass Mac Müll ihr hier einen Teil der großen Neuigkeit weggenommen hat. Er war einfach wieder vor die Kamera gesprungen. Der Hundsfott.


Tammy: „Viggo möchte nicht die Altlasten von Mirkan Uysal mit sich herumschleppen, sondern dem Förderkader einen neuen Anstrich verpassen. Eine neue Generation des Förderkaders sozusagen. Und das bedeutet…“


Sie macht es spannend. Setzt einen verschwörerischen Ausdruck auf und kommt näher an die Kamera, um die Neuigkeit zu verkünden.


Tammy: „…auch personelle Konsequenzen.“


Personelle Konsequenzen?

Muss etwa jemand den Förderkader verlassen?

Wenn ja…wer?


Tammy: „Viggo hat Dynamite darum gebeten, alle Mitglieder des Förderkaders zurück zu GTCW zu schicken, um einen komplett neuen, unbelasteten Förderkaders aufbauen zu dürfen.“


Ein klarer Schnitt, wortwörtlich. So klar, so konsequent, dass es fast schon irritiert. Schließlich war beileibe nicht alles schlecht. Ja, in der letzten Show gab es eine krachende Niederlage gegen die LPG – aber davor sah es aus, als ob zumindest Ethan Carlyle und Bene Zampach den Anschluss ans normale Roster schaffen.


Tammy: „Und Dynamite ist dem Vorschlag gefolgt. Ein neuer Trainer und gleich vier Mitglieder. Wir sind im zweiten Halbjahr 2025 angekommen…“


Sie blickt kurz zur Tür, von innen ist etwas Gerumpel und Unruhe zu vernehmen.


Tammy: „…und das Gesicht des Förderkaders wird ein komplett Neues sein.“


Ein Satz, den Tammy sich offenkundig für die Abmoderation zurechtgelegt hat. Entsprechend steht sie nun da, die Hände vor dem Bauch gefaltet und wartet darauf, dass die Kamera abgeschaltet wird.

Doch das Bild bleibt drauf. Weil in diesem Moment die Tür von Dynamites Büro aufgerissen wird.


Heraus kommen Ethan Carlyle, Bene Zampach und PJ Smidt. Die Drei, die nach Tammys Informationen soeben den Weg zurück in den B-Kader gezeigt bekommen haben.


Und dass Tammys Informationen stimmen, sieht man am puterroten Gesicht Carlyles und daran, dass Zampach immer wieder kopfschüttelnd zu Boden blickt. Nur PJ Smidt ist wie eh und je nicht zu entziffern. Emotionslos geht er an Tammy vorbei und verschwindet aus dem Bild. Die letzten Augenblicke des Ex-Polizisten vor einer GFCW-Kamera?


Carlyle hat ein stummes „FUCK!“ auf den Lippen und schlägt die Tür von Dynamites Büro hinter sich zu. Erst jetzt scheint er zu bemerken, dass Tammy anwesend ist und die Kamera läuft. Einen Augenblick lang schaut er verwirrt drein, dann nimmt er jedoch die „Einladung“ an und läuft auf die Kamera zu.


Ethan Carlyle: „Das ist unfair! Das haben wir…das habe ICH nicht verdient. Ich war gerade einmal ein paar Wochen dabei.“


Mit jedem Wort wird seine Stimme lauter, verzweifelter. Während seiner Ausführungen ballt sich die Hand zur Faust. Er weiß nicht, wohin mit seiner Wut.


Ethan Carlyle: „Und ich habe meinen Job gemacht, verdammt! Und jetzt schmeißen sie uns alle Drei raus.“


Tammy: „Soweit ich weiß, geht es für euch zurück in den Nachwuchs. Das ist ja nicht das Gleiche wie ein Rausschmi…“

Ethan Carlyle: „Hör doch auf, auf Details rumzureiten. Es fühlt sich wie einer an, Tammy! Wer einmal im Main Roster war, der will nicht zu GTCW zurück.“


Carlyle fährt sich durchs Haar. Blickt sich um. Als würde aus irgendeiner Ecke eine Rettung kommen. Oder die versteckte Kamera, damit aufgelöst wird, dass alles nur ein Scherz ist.


Ethan Carlyle: „Aber eines sage ich dir: ICH komme wieder. Das ist nicht das Letzte, was ihr von mir gesehen habt.“


Tammy setzt gerade an, etwas zu erwidern. Eine Frage zu stellen. Doch mit einem verzweifelten Ausatmen schießt Carlyle an Tammy vorbei.

Zurück bleibt Bene Zampach. Der junge Zeiskamer sieht traurig aus, blickt resigniert zu Boden.


Bene Zampach: „Scheiße. Ich dachte, alles würde schon irgendwie gutgehen.“


Er wuschelt sich verloren durchs lockige Haar. Flüstert etwas von „Wer soll jetzt die ganzen Raten bezahlen?“. Dann lehnt er sich an die Wand und blickt hilfesuchend zu Tammy. Doch die Reporterin hat ihm nichts zu geben außer ein mitleidiges Kopfschütteln.


Bene Zampach: „Verdammter Marc Hill. Sein Verrat hat uns den letzten Rest gegeben. Grad als alles besser wurde. Ich hoffe, er bricht sich bei der Saloon Battle Royal das Genick. Scheiß Verräter.“


Kopfschüttelnd trottet Zampach davon.

Tammy, die das Segment so energisch begonnen hatte, blickt dem Youngster-Trio nun mit einer Spur Traurigkeit nach. Entlassungen sind immer eine schlimme Sache – aber gleich drei Jungs auf einmal zu sehen, deren Träume gecrushed werden, ist selbst für ein abgehärtetes Reporter-Biest wie sie nicht alltäglich.


Viggo und Dynamite haben eine radikale Entscheidung getroffen.

Wird sie sich auszahlen?



Aya steht abseits, lässig angelehnt, an einem schwarzen SUV, auf dem Parkgelände der Halle, wo nur Berechtigte Zutritt haben, in dunkler Jeans, schwerer Lederjacke – der schwarze Hartholz-Baseballschläger lehnt neben ihm, fast unscheinbar. Seine grau-weißen Haare sind zu einem Pferdeschwanz gebunden, der Wind spielt leicht mit einzelnen Strähnen. Immer wieder wandert sein Blick zur Uhr. Unruhig, aber konzentriert.

Dann – Geräusche. Schritte. Flach, gedämpft.

Bevor Aya reagieren kann, schlagen sie zu.

El Metztli rauscht mit einem Ellbogen in seinen Rücken, Tsuki Nosagi wirft sich von vorn gegen seine Brust. Aya taumelt, fällt nach hinten, schlägt hart auf den Asphalt. Ein hölzernes Klong, als sein Schläger davonrutscht. Ein Stöhnen entweicht ihm, doch bevor er sich wehren kann, hageln Tritte auf ihn herab – gegen Rippen, Rücken, Oberschenkel. Tsuki geht in die Hocke, schlägt gezielt in Ayas Seite, während Metztli auf sein rechtes Bein tritt.

Dann: ein Grollen. Tief, donnernd.

Ein Motor.

Und er wird lauter.

Ein blendendes Licht flackert auf, dann kreischt Gummi über Beton. Ein blauer Ford Ranger rast heran, als hätte ihn die Hölle ausgespuckt. Die Frontscheibe spiegelt nur schwach die Umgebungslichter, der Fahrer ist nicht zu erkennen. Der Koloss hält direkt auf die Szene zu.

Metztli und Tsuki frieren kurz ein. Instinkt. Sie lösen sich von Aya und drehen sich dem Fahrzeug zu, verwirrt. Der Wagen bremst, stoppt mit quietschenden Reifen nur fünf Meter vor ihnen. Die Lichthupe blinkt – zweimal. Kein Ton. Kein Hupen. Kein Wort.

Stille.

Dann beginnt die Hölle.

Der Ford brüllt auf und schießt los. Wie ein wütender Bulle.

Die Hasen reißen die Augen auf – und laufen.

Sie hetzen los, zwischen Paletten und geparkten Trucks hindurch, die schmale Lücke zwischen zwei Absperrgittern gerade so groß für ihre Körper. Doch der Ranger passt nicht – und brettert trotzdem durch. Das Gitter wird weggefetzt, schleift unter der Karosserie, sprüht Funken.

Metztli schlägt einen Haken nach links, Tsuki versucht rechts auszuweichen – der Ford folgt wie ein gejagter Teufel, mit einem manischen Wüten. Eine Werkzeugbox fliegt durch die Luft, ein Wasserfass wird von einem der Reifen aufgeschlitzt, spritzt eine schmutzige Fontäne auf die Kamera.

Die Hasen rennen, schnappen nach Luft, ducken sich unter einen Trailer. Der Ford zieht die Bremse, rutscht, kracht gegen die Stützstrebe eines Lichtmasts – der Mast wankt, kippt fast.

Ein lautes Klirren, als ein GFCW-Van seine Heckscheibe verliert – nicht getroffen, aber durch Druckwelle und Chaos zerschmettert. Tsuki springt über einen Kartonstapel, Metztli gleitet unter einem Kabelgerüst hindurch.

Der Ranger bleibt dran. Unaufhaltsam.

Der rechte Spiegel knallt an einen offenen Kofferraum, der Kotflügel reißt eine Plane von einer Kamera-Ausrüstung. Der Wagen rammt sich durch einen Bereich voller Cases – Funken sprühen, eine Flasche explodiert. Es riecht nach Benzin, verbranntem Gummi, Adrenalin.

Die Hasen erreichen die Rückseite der Halle, schnappen nach Luft, fast rutschend nehmen sie die Rampe zur Notfalltür.

Tsuki ruft etwas – aber es geht im Brüllen des Motors unter.

Die Tür wird aufgerissen – sie flüchten hinein.

Der Ranger bremst brutal. Der Boden raucht. Die Reifen quietschen wie Schmerz. Der Stoßfänger ist eingedellt, ein Scheinwerfer flackert, die Motorhaube ist voller Schrammen. Das Biest bleibt stehen, als wolle es noch einen Moment überlegen, ob es nicht doch einfach durch die Wand fahren soll.

Dann: Stille.

Eine, die dröhnt.

Die Fahrertür öffnet sich.

Jay Taven steigt aus.

Schweiß glänzt auf seiner Stirn. Er trägt ein dunkles Shirt, Lederjacke, schwere Stiefel. Die Haare leicht zerzaust, aber das Lächeln kalt wie Stahl. Er blickt nicht einmal zum Ford zurück. Stattdessen direkt auf den am Boden kauernden Aya.

Aya stützt sich mit einer Hand auf, greift sich mit der anderen an die Seite – atmet schwer, blinzelt. Dann sieht er Taven.

Ohne Worte streckt Jay die Hand aus.

Aya greift zu.

Der Griff ist fest. Brüderlich. Wild. Ein Klatschen, das keine Zuschauer braucht, um Gewicht zu haben.

Ein stummer Blick folgt – und ein Nicken.


Singles Match:

Skaði Fenrir vs. Milly Verillion

Referee: Mike Gard

Phantasmal Blaze



Flammenzungen schießen aus der Einzugsrampe hervor, als die intensiven wie melodischen Klänge von „Phantasmal Blaze“ durch die Boxen in der Sporthalle Hamburg schallen, um „The Phoenix“ Milly Vermillion anzukündigen. Die schreitet wie gewohnt energisch durch den Vorhang und breitet ihre Arme aus, als wären es Schwingen, ehe sie ihre Hände zusammenführt und damit ebenfalls ein Flügelpaar bildet. Die Reaktionen für die kleine Frau im feurig gefiederten Poncho und Mikrorock sind nicht überschwänglich, aber ein bisschen Applaus gibt es dann doch, obgleich nicht genug um Milly zu befriedigen, wie ihre angesäuert aufgeblasenen Wangen unmissverständlich andeuten. Und so schlendert die Phönixfrau mit der roten Mütze auf dem massiv blond gelockten Haupt nach dem feurigen Rampenauftritt zum Ring ohne die Fans hinter dem Absperrgitter weiter zu beachten, wie auch schon in Oslo zuvor, als ihr die Fanreaktionen auch nicht gut genug waren, um ihr Ego zu befriedigen. Wenn sie mit ihr hätten Abklatschen wollen, hätten sie mehr jubeln sollen.


Am Ring angekommen ist sie mit einem lockeren Sprung aus dem Stand hoch auf dem Apron, wo sie dann doch noch mal kurz eine Pose zum Besten gibt und per Einbezug der Ringseile eine spektakuläre Schraube zum Eintritt in den Ring hinlegt, wie um zu demonstrieren, warum man ihr mehr hätte zujubeln sollen.


Northern Hemisphere



Einmal mehr rieseln Schneeflocken von der Hallendecke, um die frostigen Töne von Northern Hemisphere klimatisch zu untermalen und die gebührende Atmosphäre für den Auftritt der Schneewölfin Skaði Fenrir zu schaffen. Die groß gewachsene Frau mit der silbrigen Zottelmähne im wolfigen Top und Schurz plus Wolfskappe auf dem Kopf schreitet selbstbewusst durch den Vorhang und wird ein bisschen euphorischer Empfangen als Milly zuvor, was sie kaum merklich lächeln lässt. Ein kleiner Teilerfolg noch bevor das Match überhaupt angefangen hat.

Auf dem Weg zum Ring gilt ihr Fokus aber rasch ihrer Beute im Ring, welche die nordische Jägerin heute zu erlegen sucht. So gigantisch der Größenunterschied der beiden auch zu Gunsten von Skaði ausfiel, sie wusste es besser als ein leichtes Match zu erwarten. Ob man Milly nun als echte Phönix akzeptierte oder für eine übergeschnappte Egomanin hält, das ist einerlei. Milly ist so oder so brandgefährlich, daran besteht wenig Zweifel. Millys größte Schwäche sind schließlich Einstellung und Ringerfahrung, doch genau im letzteren Punkt ist sie gegenüber Skaði sogar im Vorteil. Das geht Skaði durch den Kopf, wie sie am Ring ankommt und noch einmal tief durchatmet, ehe sie mit einem hohen Sprung auf dem Apron ankommt und sich durch die Seile zwängt, wobei sie ihr Bestes gibt diese niederträchtigen Objekte der Fesselung und Unterwerfung nicht zu berühren. Was ihr natürlich nicht gelingt und wütend knurren lässt. Dann postiert sie sich in der Mitte des Rings und in Pose ein Wolfsgeheul laut werden, in das doch einige Fans mit einstimmen. Sehr zu ihrer Freude und Millys Verdruss.

Mike Gard lässt das Match anläuten und prompt sprintet Milly voran. Nicht etwa für einen Shotgun Dropkick oder dergleichen, sondern für eine deftige Watschen mitten ins Gesicht der Wölfin – als ob diese nicht schon schlecht genug auf die Feuervogeldame zu sprechen wäre. Bereits beim War Evening in Oslo hatte Milly sich über Skaði Fenrirs Namen ausgelassen, ob des widersprüchlichen Mixes der darin vereinten nordischen Figuren und Skaði bedeutete Milly sich nie wieder negativ über den Namen zu äußern, den ihr ihre Eltern gegeben hatten. Technisch gesehen hat sich dies auch nicht wiederholt, doch bei Aurora lete Milly insofern dennoch nach, dass sie sagte, Skaðis Eltern wären bei ihrer Namensgebung „im Suff“ gewesen – was zwar gegen ebendiese Eltern ging und nicht den Namen an sich, gefallen dürfte dies Skaði dennoch nicht haben. Und jetzt noch diese Respektlosigkeit direkt zu Matchbeginn.


Skaði Fenrir hatte im Vorfeld ihre Jagd in Sachen Taktik gut durchdacht und ist zur Überzeugung gelangt, dass kühles Abwarten und eiskaltes Auskontern gegen eine agile, kleine, schwer zu fassende Gegnerin wie Milly Vermillion der beste Weg zum Sieg ist. Doch nach diesem Klatscher und Millys selbstgefälligen und übertrieben selbstsicheren Lächeln, obgleich sie die rund 40 Zentimeter kleinere (!) der beiden Frauen ist… da ist bei Skaði auf einen Schlag jeder taktische Gedanke für einen Moment wie weggeblasen. Skaði will jetzt nur noch eins:


Zuschlagen.


Und das so schnell und so hart wie möglich. Doch in genau diesem Moment wird der Größenvorteil zum Größennachteil: Skaði muss nach unten zielen und damit wird ihr Angriff berechenbar. Milly weicht mühelos aus, versetzt der snobistischen Schneewölfin mehrere Shin Kicks und landet schließlich auch noch einen Roundhouse Kick – der ob besagten Größenunterschieds zwar lediglich die Oberweite der Norwegerin erwischt, statt ihren Kopf, aber auch das schmerzt. Nur weil Skaðis Brustpartie an zwei Airbags erinnert, sind sie eben doch etwas völlig anderes als ein Puffer.


Nicht, dass Skaði sich den Schmerz mehr anmerken lassen würde als nötig.


Die Miene ist kurz verzerrt, aber auch nur kurz, dann überspielt sie ihre entlarvende Mimik mit einem zornigen Gesichtsausdruck und reißt ihren Fuß hoch zum Big Boot, bzw. Big Foot, Stiefel gehören bei der wild gekleideten Wölfin schließlich ebenso wenig zur Garderobe wie bei ihrer gefiederten Kontrahentin, die gerade so den Kopf noch abgeduckt kriegt. Was ausreicht – einmal mehr arbeitet Skaðis Größe hier gegen sie und ihr Momentum ebenfalls, denn noch bevor Skaði wieder beide Füße auf der Matte hat, ist Milly in ihren Rücken gehuscht und hat die Riesin per Waistlock umklammert:


German Suplex in die Brücke!


Aber kaum hat sich Mike Gard hingeworfen, da ist Skaði auch schon raus. Dass Milly ihre so viel größere Gegnerin überhaupt auf die Matte German Suplexen konnte ist höchst beachtlich, aber Skaði hat offensichtlich noch jede Menge Kraftreserven und lässt sich nicht so einfach auf der Matte halten. Nichtsdestotrotz 
ist sie jetzt auf der Matte und somit auf einer Höhe, die für Milly leichter zu bearbeiten ist. Kick, Kick, noch ein Kick und dann auch noch ein DDT gegen die kniende Skaði, die daraufhin direkt das nächste Cover über sich ergehen lassen muss und der DDT hat seine Wirkung nicht verfehlt: 2 Count. Sehr früh sehr knapp und noch dazu bisher komplette Einbahnstraße zu Gunsten von Milly Vermillion, die mit Stomps weiter nachsetzt und Skaði so den Rückzug per Rolle aus dem Ring vollziehen lässt.


Außerhalb des Rings angekommen reibt sich die Wölfin erst mal die Rübe. Der DDT wirkt immer noch nach, obendrein hadert sie mit sich selbst und wie das Match bisher gelaufen ist. Durchatmen, zu Sinnen kommen und dann den Ärger nicht in unbedachte Offensive münden lassen. Geduld ist gefragt. Das weiß Skaði doch auch, sie muss es jetzt nur beherzigen. Milly hingegen steht nicht der Sinn nach Geduld, im Gegenteil. Sie selbst war im Ring, die Gegnerin draußen, der perfekte Anlass Anlauf zu nehmen und zu fliegen:


Tope con Hilo durch das zweite Ringseil!


Abgefangen!


Milly zappelt, aber Skaði hat sie im Griff, stemmt sie in Crucifix Powerbomb Position hoch und dann geht es abwärts auf das Knie: Frostbite! Von wegen Feuer schmilzt Eis, das Feuer wurde hier kalt erwischt. Ein Cover wäre jetzt der sichere 3 Count, keine Frage, nur liegt Milly nun außerhalb des Rings. Liegen lassen und auf ein Auszählen spekulieren? Oder aufsammeln, in den Ring rollen und ein Cover versuchen, das dann vermutlich zu spät wäre und Milly nur unweigerlich wieder aufwecken würde. Beides klingt nicht groß verlockend.


Grund genug für Skaði einen dritten Weg zu finden: sie schiebt kurz ihren Oberkörper in den Ring, um Mike Gards Anzählen auf Null zurückzusetzen, dann setzt sie außerhalb des Rings weiter nach, indem sie Milly aufsammelt und per Snake Eyes gegen die nächstbeste Ringpfosten klatscht – mit dem angenehmen Nebeneffekt, dass eine Ringtreppe darunter ist, auf die Milly danach aufschlägt. Was für ein wohliges Geräusch.


Das klingt nach mehr.


Ergo sammelt Skaði die Phönixfrau erneut auf, nimmt einmal mehr Maß – doch in der Vorwärtsbewegung schlüpft Milly ihr rücklings von den Schultern und einen Stoß später knallt Skaði selber gegen den Ringpfosten. Womit jetzt beide erst mal groggy sind und sich die Schädel halten. Dann jedoch springt Milly auf das nächstbeste Absperrgitter und von da aus einen Meteora gegen Skaði, die auf die dünnen Matten in Ringnähe gepfeffert wird. Aber Milly kann nicht direkt nachsetzen, sondern muss durchatmen und sich einmal mehr die unter ihrem Pony begrabenen Stirn reiben. Und so kommen beide gleichzeitig wieder hoch, sehen sich missmutig an… und haben einen Moment der Erkenntnis. Schlagartig gucken beide zu Mike Gard, der zwei Hände, die neun Finger zeigen zurücknimmt und sich anschickt die „zehn“ zu zählen.


Beide würden jetzt zu gern der jeweils anderen ein Bein stellen, durch Count Out gewinnen und dann hämisch mit dem Finger auf die Verliererin zeigen und lachen, doch dafür ist in diesen Sekundenbruchteilen wahrlich keine Zeit mehr. Phönix und Wolf mutieren zu Fischen und hechten in den Ring – gerade noch rechtzeitig. Das war knapp. Richtig knapp. Entsprechend tief müssen beide durchatmen. Nicht wegen Erschöpfung oder wegen Schmerz, sondern weil ihnen doch gerade kurz der Schock in die Glieder gefahren ist. Milly murmelt sogar ein „das war knapper als es jedes Recht zu hatte...“, was Skaði still abnickt. Ein seltener Moment, in dem sich beide einig sind.


Diese traute Innigkeit hält aber nicht lange, kaum dass sie Blicke wechseln, erinnern sie sich daran, dass sie die jeweils andere jetzt wirklich gern besiegen würden – nicht nur um sich hinsichtlich der Lerbitz Performance Group bestmöglich zu positionieren, sondern auch, weil die Sache zwischen ihnen auf vielerlei Ebene persönlich ist. So ein gutes bisschen Respekt haben sie ja voreinander, doch gerade deswegen ist es ihnen ein Bedürfnis aufzuzeigen wer die Bessere ist.

Und so versucht Skaði schnell zuzupacken und in einen Collar and Elbow Tie Up zu gehen, aber Milly ist ein mal mehr zu schnell, um das zuzulassen, dabei ist Skaði selbst alles andere als langsam. Es ist nur wiederholt der Größenunterschied, der es Skaði schwer macht Zugriff zu bekommen – Millys grenzenloses Selbstbewusstsein ist nicht mit Arroganz gleichzusetzen, sie weiß genau, wie sie ihre kleine Statur einen Vorteil statt einen Nachteil sein lässt. Zumindest in der Hinsicht ist sie trotz ihrer vergleichsweise geringen Ringerfahrung richtig gut, wie Skaði wieder und wieder leidvoll feststellen muss. In diesem Fall kommt das „Leid“ in Form einen Spinning Heel Kicks, der abermals nicht hoch genug gesprungen wird, um Skaði am Kopf zu erwischen, aber dennoch rücklings taumeln lässt. Grund genug für Milly auf die Beine zu flippen und sofort per Shotgun Dropkick nachzusetzen – der Einschlag klatscht Skaði in die Ringecke und das versteht Milly zurecht als perfekte Vorlage. Spurt! Sprung an die Seile und Tritt:


Phoenix Kick!


Damit ist Skaði jetzt definitiv angeklingelt und Milly reibt sich grinsend die Hände. Jetzt heißt es nachsetzen und das Match ist vorbei. Der Phoenix Driver ist dafür wie gemacht, doch die weitaus größere Gegnerin über die Schulter zu hieven ist dann doch etwas arg schwer. Aber zum Glück ist der freundliche Helfer namens Ringecke ja direkt hinter Skaði. Ergo heißt es diese nach oben setzen und dann nach unten klatschen. Ein simpler Plan mit einem ebenso simplen Haken: Skaði erst einmal hoch auf die Ringecke zu kriegen ist auch ziemlich schwer. Aber Milly müht sich und müht sich – und dann gelingt es ihr nach und nach Skaði nach oben zu kriegen.


Obgleich es verdächtig so aussieht, als ob Skaði mithilft und sich nach oben setzen 
lässt.


Was auch der Fall ist: kaum sitzt Skaði oben und Milly greift in die Höh für ihre Variante des Fire Thunder Drivers, also dem Phoenix Driver, da greift stattdessen Skaði zu und hebt Milly nach oben, um sie per simplen Body Slam von hoch oben auf die Matte zu werfen, ohne dass Skaði dafür die Ringecke verlassen müsste. Stattdessen stellt sich die Wölfin nun vollends nach oben, stößt ein Wolfsgeheul aus und springt ab:


Snow Splash!


Aber daneben!


Milly rollt sich weg und nun ist es Skaði, die auf der Matte liegt, bereit um besprungen zu werden. Die Phönixfrau erklimmt ohne zu zögern die Ringecke und springt ihrerseits ab:


Phoenix Senton!


Aber Skaði hat die Knie oben! Milly hält sich wenig überraschend jammernd den Rücken, damit hat sie nun gar nicht gerechnet. Für Skaði hingegen geht die Rechnung auf: sie erhebt sich, greift zu in einen Gut Wrench und dann geht es mit einem Ruck hoch nach oben, ehe sich die Wölfin auch schon fallen lässt, um ihre Gegnerin auf die Matte zu donnern:


Wolf Bomb!


Eins, Zwei und Drei, das Cover ist erfolgt und die Jagd war erfolgreich. Skaði atmet tief durch und erhebt sich mit Mühe, um von Mike Gard den Arm zum Zeichen des Sieges in die Höhe gereckt zu bekommen. Die Familienehre ist wiederhergestellt und ein wichtiges Ausrufezeichen in Sachen LPG ist gesetzt. Vor allem aber ist Skaðis Ego genährt, wie es nur nach einer schwierigen Jagd der Fall ist. Milly mit ungläubigem und geschlagenen Gesichtsausdruck auf der Matte liegen zu sehen macht den Sieg für Skaði nur umso befriedigender.





Wie so oft, befinden wir uns vor der Interview-Wand der GFCW. McMüll steht bereit und wartet nur darauf, dass man ihm das Zeichen gibt, dass er mit seiner Ankündigung beginnen kann. Gesagt, getan.


McMüll: „Meine Damen und Herren, begrüßen Sie mit mir gemeinsam meinen lieben Gast… den mehrfachen GFCW World Heavyweight Champion… JASON CRUTCH! Vielen Dank für deine Zeit!“


Wer sonst außer sein Haus und Hof Interviewer sollte denn sonst ein Gespräch mit Jason Crutch führen. Der allseits beliebte Crutch tritt ins Bild, aber wie schon in der letzten Show gekleidet in schwarz. Das fällt sofort auf, denn man ist es von dem sonst farbenfroh gekleideten Oberpollinger einfach nicht gewohnt.

Man kann wohl eine gute Vermutung in den Raum stellen, in welchem Sinne das folgende Interview geführt werden soll. Etwa, um den Blockbuster-Main Event, der uns heute bevorsteht zu hypen?

Sehr wahrscheinlich.


Jason Crutch: „Mülli, alte Socke, es ist mir wie immer eine Ehre. Und auch wenn ich derzeit viel um die Ohren habe, wie z. B. auf Darragh Switzenbergs Antwort warten, oder so eine kleine Nebensächlichkeit, wie gegen den amtierenden GFCW-Heavyweight-Champion anzutreten, so nehm ich mir für dich immer…“


Bevor McMüll die nächste Frage stellen kann, ja, noch bevor Jason Crutch die Begrüßung des Interviews auch nur vollständig beantworten kann, verfinstern sich JCs Gesichtszüge. Und wir sehen, wie der Blick des heutigen Gegners von Ask Skógur durch den Raum schießt und einen unerwarteten Gast trifft.

Und zwar den Manager des ehemaligen und - wenn es nach ihm geht - auch künftigen Gegners von Ask Skógur.

Mister James Corleone.

McMüll ahnt, worauf das hinauslaufen wird und ehe er nochmal über sich ergehen lassen muss, dass er hier nicht gebraucht wird – sei es nun mit Worten von Corleone oder mit seinem Blick – zieht er einfach direkt davon. Schade drum, er hätte wohl gern ein nettes Pläuschen mit der GFCW-Legende gehabt.

Corleone wiederum tritt nun näher an den Oberpollinger heran und „begutachtet“ ihn erstmal.

Und dabei entfaltet sich schon leicht die Wirkung dieses Aufeinandertreffens. Über Crutches Status in der GFCW-Historie müssen wir wohl kaum sprechen, in den letzten Jahren dürfte wohl aber niemand abstreiten, dass James Corleone eine der prägendsten Figuren war. Und nun treffen beide aufeinander und ironischerweise vertritt Corleone dabei nicht die Person, durch die er zu einer der prägendsten Figuren der letzten Jahre wurde.

Und diese beiden großen, wichtigen GFCW-Figuren, mit den Initialen J und C, treffen nun erstmalig aufeinander.


Jason Crutch: „James Corleone.“


Einfach mal so wirken lassen. Fast so, als würde Crutch selber testen wollen, wie dieser Name aus seinem Mund klingt. Und, by-the-way, es klingt gar nicht mal so schlecht.


Jason Crutch: „Dein Ruf eilt dir voraus, Herr Corleone, wenn ich das mal so sagen darf. Und dieser ist, vorsichtig ausgedrückt, über jeden Zweifel erhaben. Und auch wenn du mir persönlich noch nie was getan hast und wir im Grunde keinerlei Reibungspunkte haben, so würde mich doch interessieren, was mir die Ehre verschafft, dich, Herr Corleone, hier in genau diesem Moment persönlich kennenzulernen.“


Der misstrauische Unterton in Crutchs Ansage schwingt mit, das ist keinesfalls zu überhören. Corleone wiederum hält sich bedeckt. Wie immer, lässt er sich nicht in die Karten schauen.


James Corleone: „Mister Crutch, welch eine Ehre, Ihnen hier gegenüberzustehen.“


Corleone spricht diese Worte auf die gängige corleonsche „Meint er das nun ernst oder spielt er das nur“- Art und Weise. Vermutlich von beidem ein bisschen. Corleone hat durchaus Respekt vor Menschen, die etwas erreicht haben und das hat Crutch ohne Zweifel, aber der Grund für seine Anwesenheit ist dennoch nicht das nette Gespräch mit einem GFCW-Urgestein.


James Corleone: „Mir ist Ihr Status selbstverständlich ebenfalls bewusst und deshalb weiß ich auch, dass Sie ein vielbeschäftigter Mann sind, ich will ihnen also gar nicht zu viel von Ihrer kostbaren Zeit rauben. Ich will sie nur… warnen.“


Offensiver als man es hätte vermuten können, aber Corleone scheint direkt mit der Sprache rauszurücken, was er hier will. Sein Blick wird schlagartig finsterer und verliert dabei etwas von der oben beschriebenen Doppeldeutigkeit.


James Corleone: „Sie können sehr gern heute gegen den Champion antreten… aber darüber hinaus… halten sie sich aus unseren Angelegenheiten heraus. Und der GFCW World Championship ist UNSERE Angelegenheit. Die von mir und die von Aldo Nero. Und NUR von Aldo Nero. Wir wollen nicht noch einmal eine unnötige, störende, dritte Partei, die uns das Match kostet.“


Corleone droht nicht wirklich, als er vielmehr tatsächlich – wie er es sagt – warnt. Er weiß, dass es dumm wäre sich Crutch als Feind zu machen, aber er weiß auch, dass er das Feld klar abstecken muss.

Solange Ask Aldo nicht eindeutig besiegt hat, gehört Ask IHM. Und nur ihm. Diesmal gibt es keine Luna und auch keinen Jason Crutch.

Die Augenbrauen des Oberpollingers gehen nach oben – das kann man sogar unter der obligatorisch schwarz verspiegelten Sonnenbrille hervor erkennen.


Jason Crutch: „Hören Sie, Herr Corleone…”


Ganz offensichtlich ist das locker-flockige „Du“ aus Crutch Sprech verschwunden. Corleones Ansage mutete mehr nach einer geschäftlichen Verabredung an anstatt einem höflichen Besuch eines neuen Nachbarn, der sich näher vorstellen will. Und im Grunde, ohne es selbst aktiv zu bemerken oder es so gewollt zu haben, hat sich das „Du“ in ein „Sie“ verwandelt.


Jason Crutch: „Ich bin zwar erfreut, dass Sie mir das Match gegen Ask Skógur erlauben. Und ich bin wirklich dankbar für Ihre Großherzigkeit. Ich habe selbst einige Dinge zu erledigen, die so richtig, richtig im Argen liegen.“


Und dabei meint er seine Jagd auf den Intercontinental-Championtitel und die Unterwürfigkeit, die er derzeit dem Titelträger zukommen lassen muss.


Jason Crutch: „Es liegt mir demnach fern, mich in die Angelegenheiten von Aldo Nero einzumischen. Weder er, noch Ask Skógur oder Sie selbst gehen mich etwas an. Bei dem Match gegen Skógur geht es mir rein darum, mich einmal mehr wieder beweisen zu können, auf sportlicher Ebene, ohne ständig mit Eingreifen des Switziverse rechnen zu müssen. Wobei…“


Und Crutch reibt sich das Kinn und guckt übertrieben nachdenklich nach oben, als würde er über etwas sinnieren:


Jason Crutch: „FÜNFfacher Heavyweight-Champion klingt immer noch besser als VIERfacher Heavyweight-Champion.“


Und die Crutch-o-Maniacs in der Halle, die dieses Segment hier über die Videoleinwand sehen können, kreischen vor Verzückung. Corleone erkennt, dass Crutch mit ihm spielt – und natürlich geht er darauf nicht ein. Aber gefallen lassen darf er sich das natürlich auch nicht.


James Corleone: „Lachen Sie nur. Aber wie heißt es so schön? Das Lachen wird Ihnen spätestens dann vergehen, wenn Sie es wirklich mit Aldo Nero zu tun bekommen. Ich für meinen Teil stand schon vielen ‚GFCW-Legenden‘ gegenüber. Zereo Killer, Alex Ricks, Robert Breads… The End… und sie alle standen auf der Verliererseite.“


Corleone sagt das so, als ob es sein Verdienst gewesen wäre, all diese Namen zu besiegen. Andererseits… irgendwie hat er schon einen Punkt. Er weiß was es bedeutet seinen Klienten siegreich in den Kampf gegen einen größeren Namen zu begleiten.


James Corleone: „Verstehen Sie diese Warnung nicht als eine Drohung, sondern genau als das, was es ist. Eine Warnung. Mir geht es hierbei um Sie, denn nochmal, wenn Sie sich in unsere Angelegenheiten einmischen, wird es Ihnen ergehen wie der letzten Person, die das getan hat.“


Und damit dürfte Corleone Luna Rosario meinen, die Aldo vor zwei Wochen vernichtend geschlagen hat. Und Crutch ist dem natürlich gewahr geworden, selbst wenn er seine eigenen Felder zu beackern hat. Dennoch scheint ihm James Corleones Anwesenheit gerade absolut nicht in seinen Plan zu spielen. Und sein letzter Spruch, der durchaus nach typischer Crutch-Art gesprochen worden war, kam scheinbar nicht an. Und mit fast schon beschwichtigendem Unterton in der Stimme antwortet er:


Jason Crutch: „Nochmal: Es ist wirklich nicht meine Absicht, mich in Ihre oder Aldos Angelegenheiten einzumischen. Ich gehe sowohl an Sie, als auch an Aldo neutral heran, da ich mit Ihnen beiden noch nichts zu tun hatte. Ich mache mir da gerne selbst ein Bild. Und selbst wenn ich lange Zeit nicht aktiv war, so bin ich mittlerweile doch schon seit einem halben Jahr wieder unter GFCW-Vertrag. Ich weiß, wozu Aldo in der Lage ist. Und ich habe gesehen, wen er geschlagen hat.“


Crutch nimmt die Sonnenbrille ab.


Jason Crutch: „Ich habe in der Vergangenheit die verschiedensten jungen aufstrebenden Talente kommen und gehen sehen. Viele sind einfach an ihrer Einstellung gescheitert. Oder daran, dass ihnen der letzte Biss gefehlt hat. Manche von ihnen haben sich…mit den falschen Leuten eingelassen…“


Dabei wendet Crutch seinen Kopf in übertriebener Schüchternheit von Corleones ab, während er aus den Augenwinkeln aber dennoch auf ihn blickt, weil er weiß, dass diese Anspielung GANZ KLAR auf ihn, Corleone, gemünzt war. Dann aber lässt er den Kopf wieder zu Corleone wandern und setzt in seiner normalen Tonlage fort:


Jason Crutch: „Manche von ihnen hatten einfach nicht das Talent. Und in Aldo Nero sehe ich sowas wie ein Komplettpaket. Sie wären nicht bei ihm, wenn Sie das nicht selbst sehen würden. Die Frage wird allerdings sein: wird Aldo Nero einer von denjenigen sein, die gekommen sind, um zu bleiben?“


Corleone zweifelt keine Sekunde oder zumindest verkauft er es bestmöglich, dass man ihm einen möglichen Zweifel nicht ansieht.


James Corleone: „Aldo Nero ist nicht einer von vielen. Aldo Nero ist der einzig Wahre.“


JC setzt die Sonnenbrille wieder auf die Nase. Und entgegnet dann ernst:


Jason Crutch: „Sagen Sie das, weil Sie es wirklich denken? Oder einfach nur, weil er Ihr Sohn ist…?“


Ein Raunen in der Halle…Jetzt zögert Corleone doch für einen Moment. Hat Jason Crutch da einen Punkt? Corleone wendet seinen Blick kurz ab und rümpft einmal die Nase bevor er zur Antwort ansetzt.


James Corleone: „Ein Mann muss zu seinen Taten stehen, auch zu seinen Fehlern. Und es mag sein, dass ich nicht immer erkannt habe, welches Talent in Aldo Nero steckt. Aber, wenn man seine Fehler erkannt hat, kann man Sie besser machen. Jetzt weiß ich, wozu er in der Lage ist. Jetzt weiß ich, was er kann. Und all das, weiß ich wirklich. Spätestens seit dem Moment, an dem er den besten Wrestler, den ich vor ihm kannte, besiegt hat. Und eben weil ich jetzt weiß, was er kann, sage ich ihnen es noch ein letztes Mal: halten Sie sich aus seinen Angelegenheiten heraus. Es ist nur zu ihrem Besten.“


Das klingt sogar ein Stück weit ehrlich, fast schon wirklich so, als würde er sich… Sorgen… um Crutch machen?

Naja, vermutlich will Corleone nur den Ernst der Lage zum Ausdruck bringen, aber das scheint sogar ganz gut zu funktionieren.


Jason Crutch: „Nichts liegt mir im Moment ferner, Herr Corleone. Ich schätze, wenn ich das so sagen darf, dass Sie derzeit eines der heißesten Eisen im professionellen Wrestling im Stall haben. Und dafür kann man Sie nur beglückwünschen. Ich habe derzeit schon genug Sorgen, als dass ich Beef mit Aldo Nero – oder Ihnen – gebrauchen könnte. Aber eines möchte ich dennoch klarstellen: vor Herausforderungen habe ich noch nie zurückgeschreckt. Aber alles zu seiner Zeit, nicht wahr?“


Die beiden Männer stehen sich für einen Moment schweigend gegenüber. Dann aber setzt Crutch noch nach, während er fast schon im Begriff zu gehen ist:


Jason Crutch: „Aber heute Abend soll es nicht um Aldo oder Sie gehen. Heute Abend geht es um den GFCW-Heavyweight-Champion Ask Skógur. Und wer weiß, was geschieht, wenn ich Ask heute schlagen sollte? Dann würden die Karten – wahrscheinlich – ohnehin neu gemischt.“


Corleone mustert Crutch erneut. Es war fast zu erwarten, dass er so reagieren wird, aber selbst wenn, musste er es trotzdem sagen, denn die Aussage in Richtung der GFCW muss unmissverständlich sein.

Aldo Nero ist der Einzige, der jetzt um den GFCW-Titel kämpfen wird. Und jeder, der auch nur daran denkt ihm das streitig zu machen, wird es mit Aldo Nero zu tun bekommen.

Und ob es das ist, was man will?


James Corleone: „Sie werden wissen, was Sie tun, Mister Crutch. Wie dem auch sei, ich wünsche Ihnen viel Glück gegen den GFCW-Champion. Sie werden es brauchen.“


Mit der Betonung dieser Verabschiedung lässt Corleone es ganz offensichtlich so klingen, als wolle er Salz in die Wunde der Unsicherheiten eines Jason Crutch streuen. Vor zwei Wochen hat er sich noch hinterfragt, bevor Ask Skógur ihm das Match angeboten hat und das will Corleone jetzt wohl wieder hervorholen. Und das ist etwas, was Crutch nun überhaupt nicht gebrauchen konnte: wieder eine Nebenbaustelle, die ihn vom eigentlichen Fokus – dem Match gegen Ask Skógur – ablenkt?

Während sich Corleone nun abwendet, scheint Crutch noch etwas zu sagen zu haben. Und der Ton in seiner Stimme verschärft sich nun doch:


Jason Crutch: „Es wäre wohl auch besser, wenn Sie und Aldo sich aus MEINEN Angelegenheiten heraushalten…“


Corleone dreht sich nun vollständig weg.


James Corleone: „Keine Sorge. Wir halten uns heraus. Interessant… wird es erst danach.“


Was das bedeuten soll?

Keine Ahnung.

Wer versteht schon James Corleone.

Aber es scheint ehrlich, denn wozu auch? Wenn Corleone für Ask eingreift, hätten sie Jason Crutch tatsächlich als Feind. Würden sie für Crutch eingreifen, hätte der womöglich tatsächlich Anspruch auf ein Titelmatch. Also ist es vermutlich wirklich die klügste Option sich herauszuhalten.

Aber wie schon gesagt…

Wer versteht schon James Corleone?