Robert
Breads & Milly Vermillion vs. Elin Montero &
„Fabulous“ Frederika Ortlinde
Referee:
Karo Herzog
Man
merkt es seinem Sozialverhalten nicht an, aber wir sehen hier
einen der Gewinner des Pay-Per-View: Robert Breads hat Viggo
besiegt, trotz seiner vielen Siege in diesem Jahr vielleicht
der einzige größere Sieg. Noch immer ungepinnt,
noch immer hat er nicht aufgegeben, aber das in erster Linie
gegen Rookies und Mirkan Uysal - Viggo war ein echter, ein
richtiger Gegner. Und gegen den wurde es schon knapp und
zweifelhaft.
Vielleicht
kann man also doch verstehen, warum Breads schlechte Laune
hat. Es könnte aber auch der Kommentar von Aiden Rotari
zu Beginn der Show sein, es könnte die harmlose kleine
Stichelei von Miria Saionji gewesen sein, es könnte
eigentlich alles gewesen sein - was nimmt Robert Breads
dieser Tage nicht zutiefst persönlich?
Dem
beim Pay-Per-View gefärbten Haupthaar liegen schon
wieder leichte gräuliche Ansätze zu Grunde, und die
andauernde Sorgenfalte scheint sich mittlerweile in die Stirn
von "Canada's Own" eingebrannt zu haben. Er ist
nicht unbedingt außer Form, aber die Zeit macht keine
Ausnahmen, wenn es um das Altern geht, lediglich der
Zeitpunkt ist unterschiedlich. Es scheint so, als käme
Breads an einen Punkt, an dem es sich auch mit kleiner
kosmetischer Hilfe nicht mehr verschleiern lässt: Er ist
45 Jahre alt, und das sieht man ihm an.
Mit
einem missmutigen Blick tritt er auf die Rampe, die pinke
Hose mit dem "GOAT"-Aufdruck am Körper und die
schlechte Laune im Gepäck, während er in das weite
Rund der Rostocker Stadthalle blickt. Ein frenetischer
Empfang für eine verdiente Legende sieht anders aus, und
das hat er niemandem, außer sich selbst zuzuschreiben.
Ein
säuerlicher Gesichtsausdruck zeugt von seinem
Missfallen, dann tritt er auf der Rampe zur Seite, um seiner
Partnerin Platz zu machen.
Keine
neue Musik, weil es Robert Breads natürlich nicht
zuzumuten ist mit der Musik von jemand anderem zum Ring zu
kommen, aber die Pyrotechniker sind dennoch hellauf
begeistert ein paar Feuerzungen abfackeln zu dürfen, um
die blond gelockte Vogeldame im feurig gefiederten Poncho
angemessen zu empfangen. Wie erwartet ist ihr Auftreten das
komplette Kontrastprogramm zu Robert Breads – sie hat
sogar ein ehrliches Lächeln im Gesicht wie sie energisch
in Pose springt und mit den Armen schwunghafte
Flügelbewegungen macht. Selbstzweifel sind ihr
schließlich völlig fremd und Gelegenheiten ihre
natürliche Überlegenheit gegenüber anderen
Geschöpfen zu demonstrieren, sind ihr für
gewöhnlich nicht unangenehm. Umso besser, wenn es sogar
etwas anerkennenden Jubel gibt. Der bleibt aber ziemlich aus,
eher gibt es lautstarke Bekundung von Antipathie –
primär gegen Robert Breads, aber an dessen Seite
aufzutreten sorgt dafür, dass die blond gelockte
Qualifikantin zum Zwölftelfinale im WFW Tournament of
Honor auch einige Daumen nach unten entgegen gestreckt
bekommt.
Die
Elfen werden konträr dazu ein gutes bisschen positiver
empfangen und sei es nur weil sie die heutigen Gegnerinnen
von Robert Breads sind und somit nahezu automatisch die Rolle
der Fan Favoritinnen innehaben. Generell ist dieses Match
eine in vielerlei Hinsicht große Chance für die
beiden: zwar haben sie sich bisher noch nicht in die Herzen
der GFCW Galaxy wrestlen können, sondern ihre Existenz
wurde sogar weithin komplett vergessen, aber das ist für
Elin Montero ja nichts neues. Die schwarzmähnige Elfe
mit den Oragenen Spitzen und Strähnen im adretten
Kampfkleid für alle Lebenslagen war auch bei WFW eine
rasch wieder vergessene Personalie gewesen, kaum das ihre
Matches beendet waren, bis sie sich mit einem großen
Match nachhaltig in der Erinnerung des Publikums verankern
konnte. Dieses Match jetzt hier und heute konnte denselben
Effekt für GFCW haben. Und selbst wenn Robert Breads sie
ablehnen würde – es liegt ja nur an den Fans sich
dahingehend zu äußern, dass man sie im Programm
behalten möchte. Dann würde sich schon ganz
automatisch ein Weg finden.
Vom
Auftreten her sind die Elfen auf jeden Fall guter Dinge, dass
sie es heute schaffen können den Sieg zu erringen und
sich so ohne jeden Zweifel für mehr Auftritte empfehlen
können. Abgesehen davon, dass Fredrika Ortlinde selten
gut aufgelegt ist, weil sie als bekannte Verfechterin für
Naturschutz & Co mit Grauen sieht wie wenig beim der
Großteil der Welt in dieser Hinsicht die Alarmglocken
klingeln. Auch heute hat sie wieder ein Mahnplakat dabei,
worauf ein Stück zugewachsenes, halb verdorrtes Grün
zu sehen ist mit dem Untertitel „das war mal ein Bach –
der Klimawandel ist real ihr dummen Säue“ was
zweifellos eine explizite Spitze in Richtung des „Greatest
Pigster“ Maximilian Lunenkind ist. Wäre dieser der
heutige Gegner, die Siegeswahrscheinlichkeit der Elfen wäre
ein gutes bisschen höher, aber chancenlos sind sie auch
gegen die heutige Opposition nicht: Robert Breads ist ein
namhafter, starker Einzelwrestler, keine Frage, aber das
kommt Elin Montero ja durchaus entgegen – sie hat ihre
besten Matches schließlich als Einzelwrestlerin gehabt,
was ohnehin die Frage aufwirft, ob Robert Breads sie nicht
von Anfang an damit sabotiert hat, dass er sie in Richtung
Tag Team gedrängt hat. Elins grün bezopfte
Partnerin Fredrika Ortlinde wiederum ist ein noch sehr
formbares Talent mit doch einiger Erfahrung im Teambereich
mit diversen Partnerinnen, sodass sich beide für die
heutige Aufgabe durchaus gut ergänzen und ihr
optimistisches Auftreten durchaus berechtigt ist. Talent und
Look sind über jeden Zweifel erhaben und weder Milly
Vermillion noch Robert Breads sind so übermächtig,
wie sie es gerne wären.
Und
daraufhin läutet die Glocke. Es geht los.
Begonnen
wir das Ganze von Breads und Montero. Der Kanadier muss
selbstredend einmal mehr irgendwem irgendetwas beweisen, und
wrestlet deshalb demonstrativ sehr, sehr simpel, als wolle er
zeigen “guckt mal, selbst der most basic shit reicht
mir hier”. Leider Gottes, aus Sicht von “Canada’s
Own”, reicht es nicht. Es gibt einen Unterschied
zwischen “buchstäblicher Rookie” und “nicht
ganz so erfahren”, das sollte selbst dem schlechtesten
Coach eigentlich klar sein, aber so gut er als Wrestler auch
irgendwann einmal war, so wenig taugt er anscheinend als
Übungsleiter.
Aus
dem Side Headlock entkommt Montero relativ einfach, ein
anschließender Waist Lock wird mit einem simplen Tritt
auf den Fuß von Breads gekontert und als der Kanadier
einen Boston Crab ansetzt – der Move, der in aller
Regel dazu benutzt wird, Jünglinge in ihre Schranken zu
weisen – dauert es nur wenige Sekunden, bis Montero in
den Seilen ist. Mit säuerlichem Gesichtsausdruck wartet
Breads tatsächlich ab, bis Referee Karo Herzog bis vier
gezählt hat, ehe er den Hold löst.
Elin
kommt wieder auf die Füße, und kann unter Beweis
stellen, dass sie in einem strikten 1 vs 1 durchaus einiges
auf dem Kasten hat. Nun, da sie verstanden hat, was Breads
hier aufzieht, sieht sie die leicht durchschaubaren Ansätze
für Holds kommen, und kann erst den Ansatz zu einem
Headlock und anschließend einen einfachen
Collar’n’Elbow Tie mit einem satten European
Uppercut verneinen. Breads taumelt rückwärts und
wirkt ziemlich wütend über die Tatsache, dass ihm
hier der Sieg nicht einfach geschenkt wird. Viel zu früh
- wohl, um zu zeigen “ich kann das hier jederzeit
beenden” - packt er seinen Bicycle Kick aus, unter dem
Elin sich relativ einfach wegduckt und in einer fließenden
Bewegung in einen Northern Lights Suplex überleitet, den
sie unter Applaus des Publikums gar in eine Brücke
zeigen kann.
Der
anschließende Pinfall kommt noch nicht nah an die
“drei” heran, aber dient einmal mehr dazu, dass
Breads peinlich berührt aufspringt. Kein Match scheint
mehr zu vergehen, in dem er nicht irgendwie das Gefühl
hat, man sei dabei, ihn zu blamieren. Elin macht direkt
weiter und ist bei ihm, nicht ohne Zuspruch der Fans.
Vielleicht spielt der Gedanke, einen bleibenden Eindruck zu
hinterlassen eine Rolle, als sie Breads zum Falcon Arrow in
die Luft stemmen will, doch der Kanadier ist knappe zwanzig
Zentimeter größer und um einiges schwerer und
verlagert so das Gewicht, um sich möglichst schwer zu
machen. Später im Match würde das vielleicht
klappen, aber Montero probiert es schon jetzt, und das
funktioniert nicht.
Ein
wenig stur probiert sie es einen Moment zu lange, was Breads
die Möglichkeit gibt, mit seinen Armen zwischen die Arme
von Elin zu fahren und diese wegzuschlagen. Da hört man
einen zischenden Laut der Elfin – Breads ist dabei mit
drei Fingern “aus Versehen” über ihr Gesicht
geschrammt, und ein Finger scheint dabei das linke Auge
erwischt zu haben. Sind das nun clevere Veteranen-Instinkte
oder ist das schlicht unfairer Betrug? Herzog will sofort
nachsehen, aber Breads ist DIREKT da, packt sich die
leichtere Wrestlerin und wirft sie per Release German Suplex
auf die Matte.
Herzog
ermahnt Breads, der beteuert, nicht gesehen zu haben, dass
sie Elin habe checken wollen. Montero beißt die Zähne
zusammen und blinzelt oft, während Breads den Wechsel
mit Vermillion vollzieht. Die Landsfrau von Breads gibt
sofort Gas, auch sie hat nach High Noon durchaus etwas zu
beweisen. Im gleichen Moment, als Karo Herzog von Elin
wegtritt, um diese für den Rest des Matches freizugeben,
schießt Milly auch schon mit einem Dropkick auf Montero
zu, der diese von den Füßen holt.
Direkt
setzt Vermillion nach, und als Elin sich erneut aufrichten
möchte, setzt es einen Spin Kick ans Kinn. Auf dem Apron
applaudiert Breads und deutet dabei nicht etwa auf Milly,
sondern auch sich selbst – eine Kanadierin, die viel
kickt, dafür kann er schonmal die Lorbeeren einsacken.
Dass Vermillion schon immer so gekämpft hat und es auch
ohne Breads’ wie auch immer gearteten Einfluss tun
würde, lässt er selbstredend unter den Tisch
fallen.
Milly
covert aber nicht etwa, sondern macht direkt weiter. Sie hebt
Montero an und setzt zum Vermillion Flasher, ihrem Sit-Out
Gourdbuster, an. Im Tournament of Honor der WFW hat ihr der
Ansatz zu diesem Move zuletzt den Sieg gekostet, da sie ihn
im völlig falschen Moment eingesetzt hat. Jetzt will sie
zeigen, wie es richtig geht.
Und
Elin kontert mit einem Small Package.
Bei
zweieinhalb ist Robert Breads im Ring und springt auf den
Knäul, um ihn aufzubrechen und den Pinfall zu stoppen.
Schwer
zu sagen, ob Vermillion ausgekickt wäre - vermutlich
schon, aber wissen tun wir es nicht – aber Breads hat
die Situation gesehen und seiner Partnerin nicht genug
vertraut, um sie das selbst regeln zu lassen. Ist es Stolz
und Sturheit, der Milly davon verleitet hat, das nochmal zu
probieren? Hat sie sich strategisch nicht weiterentwickelt?
Hielt sie das hier einfach für die richtige Idee? So
oder so: Ein guter, vernünftiger Coach hätte ihr
das ausreden können.
Hat
er aber nicht.
Vermillion
und Montero springen auseinander, und Elin ist ein klein
wenig schneller, hat sie das Cover doch angesetzt. Dieser
Vorteil wird ein wenig durch ihre eingeschränkte Sicht
zu Nichte gemacht, denn sie blinzelt noch immer auffallend
oft. Das gibt Milly die Chance, nach dem Aufspringen einen
Akzent zu setzen, und sie feuert einen Roundhouse Kick ab.
Um
Haaresbreite kann sich Elin darunter wegducken, in ihre
eigene Ringecke hechten und Fredrika Ortlinde einwechseln.
Was
wir jetzt kriegen, ist ein kleines Highlight in der Midcard
von War Evening: ein Duell mit extrem hoher Agilität.
Milly ist zwar schon etwas im Match, aber noch sehr frisch,
und die Fabulöse kommt gerade erst rein. Beide haben
einen vollen Tank, beide sind beweglich und schnell, und so
kriegen wir einen Leckerbessen für Freunde von rasantem
Wrestling serviert.
Dabei
ist nicht unbedingt viel High Flying gemeint, auch wenn beide
– Milly eher als Fredrika – das draufhaben.
Stattdessen werden viele kleine Strikes ausgetauscht. Es sind
keine Killer Moves, sondern eher die Versuche, in die
richtige Position zu kommen, um die großen Manöver
setzen zu können.
Ortlinde
hat das diversere Arsenal, kombiniert sie doch ihre
Dropkick-Versuche auch noch mit Knee Lifts, Knee Strikes und
Clotheslines. Milly bleibt eher bei ihren Kicks, hat in
diesem Metier jedoch so einige Varianten und holt so eine
Menge aus einem einzigen Strike heraus. Eine Menge sitzt,
doch je länger dieses Duell der Low Level Strikes
andauert, desto besser sitzen auch die Konter, desto mehr
kriegen beide ein Gefühl füreinander, bis Ortlinde
einen Kick abfangen und mit dem Schwung dahinter einen
Flapjack zeigen kann, der Milly auf die Matte donnert.
Sofort
kommt der Tag von Fredrika zu Elin, die in den Ring kommt und
sich Montero schnappt. Während Ortlinde Breads bewacht
und einen weiteren Eingriff seinerseits verhindern will,
zieht Elin Milly auf die Füße, setzt einen Cradle
DDT an und bekommt diesen auch durchgezogen.
Breads
versucht zwar, um Fredrika herum zu kommen, aber die hat sich
zu clever positioniert.
Das
Cover geht allerdings nur bis zwei.
Ohne
Umschweife begibt sich Ortlinde wieder auf den Apron, und
streckt die Hand aus. Sie scheint eher ein generelles Gefühl
für Tag Team Wrestling zu haben als Elin, und
orchestriert so die schnellen Wechsel, um konstant in der
Offensive zu bleiben. Sie entert nun den Ring erneut und
schnappt sich Vermillion, die sich in Richtung ihres Partners
gedreht hatte. Was genau Milly tun oder sagen wollte werden
wir wohl nie erfahren, denn Ortlinde packt sie sogleich und
zeigt einen schönen Snap Suplex. Der Nachteil an der
Statur von Milly ist natürlich, dass so gut wie jeder
Gegner sie einfach und heftig heben und werfen kann, weshalb
sie sehr auf Konter angewiesen ist – sie kann nicht
einfach wie Breads vorhin sein Gewicht verlagern.
Leider
hat sie gerade keinen parat, zu angeschlagen ist sie vom
Cradle DDT. Und so geht Milly zu Boden. Fredrika ist oben
auf, und stellt sich über sie – durchaus zur
Freude des Publikums, das ihr einiges an Zuneigung schenkt.
Der “KLI-MA-WAN-DEL!”-Chant aus der ersten Reihe
setzt sich allerdings nicht durch. Ein bisschen zu
kompliziert für die Leute in Rostock, vielleicht.
Vermillion
setzt sich langsam auf, und der erfahrene Veteran auf dem
Apron registriert, dass sie vermutlich irgendeinen Basement
Move plant – sei es Crash Rabbit Heat oder die Natural
Selection. Dafür muss Fredrika Anlauf nehmen. Also gilt
es, das zu unterbinden.
Die
Elfen sind aber clever genug, um sich abzusichern. Während
Ortlinde losläuft, gleitet Montero in den Ring und
positioniert sich direkt vor Breads, der gerade vom Apron ins
Seilgeviert geklettert ist. Sie möchte ihn blocken.
Zu
blöd, dass Breads kaum Skrupel, aber dafür
Veteranen-Instikte hat.
Elin
stellt sich darauf ein, ihn irgendwie abwehren zu müssen
und sich schnell zu bewegen, stattdessen aber schubst Breads
sie einfach. Davon überrascht taumelt Montero rückwärts
- direkt in Karo Herzog hinein.
Die
fällt nicht, aber ist ebenfalls aus dem Gleichgewicht
gebracht, und stolpert ein paar Schritte nach hinten, direkt
in den Laufweg von Fredrika Ortlinde. So muss die Schwedin
stoppen, kriegt es gerade noch rechtzeitig so hin, dass sie
Herzog zwar berührt, aber nicht umreißt - sie
landen in einer Art Umarmung, bei der sie sich aneinander
festklammern, um sich gegenseitig Gleichgewicht zu spenden.
Sofort
meckert Breads los, Ortlinde habe den Referee attackiert, was
Herzog mit einem Kopfschütteln selbst verneint, ebenso
wie Fredrika, die mit dieser Interpretationsweise so gar
nicht einverstanden ist. Als das nicht funktioniert, keift
der Hall of Famer auf einmal etwas von, dass Montero Herzog
bewusst gerammt hätte und disqualifiziert gehört.
Auch das scheint Karo anders zu sehen, und Elin ist wütend
genug, um Breads ordentlich eine zu pfeffern – doch der
fängt ihren Arm ab, zerrt daran und fällt mit ihr
zusammen durch die Seile auf den Hallenboden, wo beide dank
einer unsanften Landung erst einmal stöhnend liegen
bleiben.
Karo
Herzog ist wieder voll dabei, und nickt Fredrika zu, dass das
Match weitergehen kann. Nach diesem Chaos dreht sie sich zu
Milly Vermillion – die auf den Füßen steht
und nur wartet. Breads hat gewusst, dass sein “Trick”
nicht funktionieren würde, aber das musste er auch gar
nicht – er wollte Milly bloß Zeit verschaffen,
sich zu erholen.
Das
hat funktioniert.
Und
dieses Mal, endlich, geht der Vermillion Flasher durch.
Mit
einem Würgen landet Ortlinde anschließend auf der
Matte, während die Fans ihrem Unmut Luft machen. So
wirklich etwas getan, was gegen die Regeln wäre, hat
Breads nicht, aber fair und sportlich fühlt sich das
auch nicht an. Es ist auch nicht klar, ob Milly überhaupt
mitbekommen hat, was Robert da veranstaltet hat, oder ob sie
bloß aus Reflex agiert, wie eine Pro-Wrestlerin eben
agiert.
Sei’s
drum, ihr Move ist endlich durchgegangen, und damit wirkt sie
sehr zufrieden. Elin versucht, in den Ring hereinzurutschen
um die Situation zu retten, aber “Canada’s Own”
klammert sich mit Hilfe der Ringschürze an ihr fest und
nutzt sein Gewicht, um sie am Hallenboden zu halten.
Das
gibt Vermillion die Chance, weiterzumachen. Und diesmal ist
sie in hervorragender Position.
Ortlinde
wird sich von der Matte geschnappt, Milly hakt die Arme ein,
dreht sie in der Luft und zieht ihren Phoenix Driver
kompromisslos durch. Herzog ist sofort da, um das Cover zu
zählen.
Eins...
Endlich
kann sich Montero von Breads loseisen, mit Kratzen und
Schlagen, und stößt ihn von sich.
Zwei...
Sie
hechtet in den Ring, unter dem untersten Seil hindurch, und
schafft es...
...nicht.
Breads kann sie, während sie springt, am Fußgelenk
packen und zurück ziehen.
Drei!
Sieger
des Matches durch Pinfall: Robert Breads & Milly
Vermillion
Der
Phönix und der ehemalige PCWA-Champion gewinnen dieses
Duell – vielleicht haben sie ja doch einiges gemeinsam.
Vermillion erhebt sich, angeschlagen, aber mit dem Ergebnis
mehr als nur einverstanden. Natürlich slidet Breads
sofort in den Ring, läuft auf Milly zu und hebt ihren
Arm, deutet auf Vermillion und geht für keine Sekunde
aus dem Kamera-Frame, der die eigentliche Siegerin des
Matches zeigt.
Elin
rutscht nun in den Squared Circle. Die Enttäuschung
steht ihr ins Gesicht geschrieben, aber für’s
Erste kümmert sie sich um Ortlinde, die noch etwas
orientierungslos wirkt. Die Bedeutung und das Ausmaß
ihrer Niederlage gehen an der Skandinavierin bislang vorbei,
aber das wird sich noch ändern.
Für
den Moment triumphiert vor allem Milly Vermillion an der
Seite von Robert Breads, die mit einem triumphalen und
selbstsicheren Gesichtsausdruck das Letzte ist, was wir zu
sehen bekommen, bevor die Kamera zum nächsten Segment
schaltet.
Maximilian Lunenkind: "Willst du meine
allerallerbeste Freundin werden?"
Die Implikation davon, vor einer Frau auf die Knie zu senken und
ihr einen Ring entgegen zu strecken, sollte selbst einem Trottel
wie Lunenkind bekannt sein. Das hält ihn nicht davon ab,
diese Pose einzunehmen und mit hoffnungsvollen Augen zu Luna
Rosario aufzublicken, die eigentlich gerade dabei war, das
Catering zu plündern.
Luna: „Maksch… das schind wir
doch schowischon fschon…“
Sehr zufrieden kaut sie ein wenig herum, und wirft, wie man einem
Schwein eben das Essen hinwirft, ein paar Reste der kleinen
Teigtaschen hin, die sie vernichtet hat.
Luna: „Ich muss wirklich auf meine
Figur aufpassen mit euch Idioten.“
Gierig stürzt Lunenkind sich herab, bevor er sich erinnert,
dass er ja eigentlich etwas sagen wollte. Mit einigen Krümeln
am Mund blickt er wieder auf und wirkt ein wenig nervös.
Maximilian Lunenkind: "Wir sind
allerbeste Freunde. Nicht allerallerbeste Freunde. Die
Fokusgruppe meint, das würde sich auf einem T-Shirt besser
machen. Aber du musst annehmen."
Zögerlich blickt Rosario auf den König aller Mongos
herab, der sie flehentlich anblickt. Ob getrieben vom ernsten
Verlangen, Rosarios allerallerbester Freund zu werden, erfüllt
von Leidenschaft bis an sein Lebensende zusammengenäht und
blutend in Reißzwecken zu schwimmen und zerbrochene
Leuchtstoffröhren als Sex-Toy zu verwenden oder aus Angst,
was ihm die mysteriöse Fokusgruppe tun würde, wenn er
diesen VIRALEN Clip nicht produziert? Es bleibt ein Geheimnis,
eingeschlossen im am best-versteckten und seltensten Ort der
Welt: Lunis einer Gehirnzelle.
Mit spitzen Fingern nimmt Rosario den Ring entgegen, bevor ihr
ein Keuchen entfährt.
Luna: „M….m...max i..i...ist…
ohhhhh….“
Fast am FAINTEN muss sich Rosario erstmal hinsetzen.
Luna: „Ist das etwa der
LPG-Freundschafts-Turbo-Ring? Das einzigartige Geschenk, dass die
POWER einer Freundschaft von der ersten Sekunde an verstärkt
und auf ein neues Level hebt? Das eine Geschenk, das UNERLÄSSLICH
ist, wenn du auf dem höchsten und liebevollsten Level deiner
Freundschaften bleiben willst? Und der für nur 399,99€
FREI zu erwerben ist?“
Mit einem netten „Kling“ treffen die Bierflaschen
aufeinander, als die beiden unbeeindruckt (zumindest äußerlich)
an der Szene vorübergehen.
Das Freundschaftsrohr: "FREUNDSCHAFT!"
Wo Lunenkind ist, sind seine beiden Gefährten nicht weit.
Marc Hill und Robert Breads mögen heute beschäftigt
sein, aber Lorenz und das Sprachrohr sind es nicht. Letzteres ist
in einem rötlich-pinken Aufzug unterwegs, und auf seiner
Brust wurden sich umarmende Menschen in allen Farben und Formen
und Geschlechtern aufgezeichnet. Ein Zeichen für Toleranz
oder eine Möglichkeit, dank gestiegener
Identifikationsmöglichkeiten die Zielgruppe zu erweitern?
Lorenz: "Genau. Freundschaft verkauft
sich bei unserer Zielgruppe hervorragend, Junior Sales Manager
Rosario."
Er rückt sich die Brille zurecht, wobei man das
Freundschaftsarmband am Handgelenk erkennen kann. Das Armband von
Chopard aus geflochtenem Leder in Schwarz mit Palladium-Finishes
umfasst das Handgelenk des Gentleman Drivers voller Eleganz und
zeichnet sich durch einen minimalistischen Stil mit subtilem und
zeitlosem Luxus aus. Als Symbol der Racing-Linie erscheint das
berühmte Chevron-Motiv des Dunlop-Reifens der 60er-Jahre auf
dem Verschluss mit Markenzeichen, um einen unvergleichlichen
sportlich-schicken Stil zu erschaffen.
Vor ihm am Boden hat Rosario mittlerweile erfolgreich mit ihrer
Umarmung Lunenkinds Bewusstsein BE EN DET. Sicherlich ein
Versehen. Entschuldigend tätschelt sie ihm die Wange.
Lorenz: "Denn wenn es eine Sache gibt,
die unsere Zielgruppe nicht hat und unbedingt haben möchte,
dann ist es das Gefühl von Freundschaft."
Das Freundschaftsrohr: "FREUNDSCHAFT!"
Schallend hallt die Ohrfeige durch den Catering-Bereich, als Luni
vom Tätscheln nicht aufwachen will.
Lorenz: "Und deshalb solltet ihr heute
Abend eure Freundschaft unter Beweis stellen. So werdet ihr
kultig und beliebt und wir können eine eigene Lunakind-Linie
etablieren. Nachdem Miss Shade uns geholfen hat, der WFW gut
vermarktbare Talente abzuluchsen, wäre das der nächste
große Schritt in die richtige Richtung."
Maximilian Lunenkind: "Raus aus
Rostock."
Da ist er wieder.
Lorenz: "Richtung Marktpenetration."
Maximilian Lunenkind: "Also sind wir
Sven und der Markt ist Pete's Mut-"
KLATSCH
Lorenz: "Danke, Junior Sales Managerin
Rosario.“
Er wendet sich dem schmollenden Lunenkind zu.
Lorenz: „Hast du den Freundschaftshut
dabei?"
Maximilian Lunenkind: "Natürlich."
Aus der Hosentasche seines (wie immer) pinken Anzugs fischt
Lunenkind eine Bald Cap, welche er sich über den Schädel
zieht, bevor er sie mit Hilfe seiner Zunge an der eigenen Stirn
zurecht schiebt.
Luna: „Frage ich?“
Das Freunschaftsrohr: "FREUNDSCHAFT!"
Lorenz: "Ganz genau.“
Luna: „Also nein. Cool für
mich.“
Sie streckt Maximilian die Hand entgegen.
Lorenz: „Wir zeigen, dass ihr
allerallerbeste Freunde seid. Und Maximilian…“
Ächzend und stöhnend wird Lunenkind mit vereinten
Kräfte von Lunas Zug und einem auf-die-Zunge-stützen
auf die Beine gehievt.
Lorenz: „...wird die Bald Cap tragen,
um sich solidarisch mit dir zu zeigen."
Luna: „Dir ist klar, dass ich keinen
Krebs oder s...“
Lorenz: "Ja, leider."
Enttäuscht seufzt Lorenz.
Lorenz: "Mit einer krebskranken
Wrestlerin könnten wir so viel Geld scheffeln."
Luna: „Ich… HUH??????“
Einmal mehr lässt Lorenz erschreckend tief blicken, und
zeigt, wie wenig ihn irgendetwas abgesehen von Profit
interessiert.
Das Side-Eye, das Luna ihm gibt, scheint er nicht zu
registrieren, ebensowenig das leicht verkrampfte
Zusammenquetschen ihres Kiefers.
In der Zwischenzeit hat das Freundschaftsrohr einen Edding aus
der Anzugtasche von Lunenkind gefischt, und der Mann hinter der
Pigster-Maske hat sich nach vorne gebeugt, damit das
Freundschaftsrohr ihm mehr schlecht als recht die Tattoos von
Luna auf die Bald Cap malen kann.
Luna: „Du weißt schon, dass
meine Make-A-Wish Auftritte eigentlich nix wären wofür
man Geld ver…. Wobei. Kann man ändern. Die brauchen
ihr Taschengeld am Ende nicht nichtmehr I GUESS. Aber können
wir bei aller FREUNDSCHAFT gaaaaaaaanz kurz daran denken, dass
wir – oh – I DONT KNOW. EIN MATCH HABEN????“
Sie wirft die Arme in die Luft. Während Lunenkind sich
maskiert, scheint bei Luna das Gegenteil zu geschehen.
Lorenz: "Achja. Das."
Luna: „Okay jetzt hör mir mal zu
du Ratte…“
Lorenz: „BITTE?“
Luna: „Du denkst die PowerPoint
Präsentationen deiner oberern 10.000 sind die Hölle?
Okay, ich mach meine kurz. Und ohne PowerPoint. ERSTENS Alonso
hat die verfickte Battle Royal gewonnen. ZWEITENS Flohstadt hat
mich rausgeworfen. DRITTENS beide stinken wie Petes Mum und
VIERTENS, wenn die n verficktes TAG Match gewinnen ist das der
Beweis, dass ihr BOND MEHR POWER HAT ALS UNSERER. WEIßT DU
WIE VIELE RINGE WIR DANN NOCH VERKAUFEN? KEINEN DU IDIOT
SANDWICH. DANN KAUFEN SICH ALLE SWITZIDOG PLÜSCHTIERE.
NIEMAND HIER. NIE. MAND. IST BESSERE FREUNDE ALS LUNI UND ICH.
WIR HABEN DRIP. WIR HABEN SKILL. WIR HABEN OINK. WIR HABEN POWER.
WIR HABEN GELD. WIR HABEN...“
Das Freundschaftsrohr: "FREUNDSCHAFT!"
Luna: „EXAKT. Dieses dumme Spaß-Match
von Battle Royal war eine FARCE und nichts anderes. Heute Abend.
Heute Abend ist unser Merchstand AUSVERKAUFT und die können
sich aus ihren BESCHISSENEN SWITZIDOGS SEXPUPPEN ZUSAMMENNÄHEN
WENN SIE WOLLEN. WIR. MACHEN. DIE. PLATT.“
Die anwesenden Personen im Hintergrund, die nur in Ruhe ihre
Pancakes mampfen wollten sehen ein bisschen verwirrt aus, doch
Lorenz schwebt auf Wolke Sieben als hätte er Red Bull
getrunken oder eine Traumreise nach Aserbaidschan powered by
RedBull gewonnen.
Der Marketing-Experte wirkt überzeugt, während das
Freundschaftsrohr sein Kunstwerk am Haupt von Lunenkind vollendet
und zufrieden am Edding schnüffelt.
Luna: „gib ab du
arschloch...sag mal hast du meinen letzten
roten Lack gesoffen, du weißt
dasistmeinelieblingssor…“
Der Mann hinter dem Pigster richtet sich wieder auf.
Maximilian Lunenkind: "Ich bin bereit,
unsere allerallerbeste Freundschaft der Welt zu präsentieren!"
Freudig deutet er mit der Zunge auf seinen Kopf.
Luna: „Sieht man die überhaupt
unter der Maske?“
Maximilian Lunenkind: "Zum Glück
haben Schweine eh eine Glatze."
Lorenz: "Haben Schweine nicht Fell?"
Luna: „Oder dicke Ei...“
Maximilian Lunenkind: "Wir könnten
die Mutter von Pete fra-"
Das Freundschaftsrohr: "FREUNDSCHAFT!"
Freudig klatscht Rosario in die Hände.
Luna: „Da wir das alles geklärt
haben und ich dank meines neuen Rings, den auch IHR euch kaufen
könnt VOM GEIST DER FREUNDSCHAFT BESEELT BIN, gehen wir
jetzt los. Ich weiß, wie wir zeigen, dass wir KRASSER,
HÄRTER, GEILER UND COOLER SIND als die Lappen. Dass wir
BESSER sind als Alonso dass wir KRANKER sind als Flohstadt und
dass HANSA ROSTOCK FANS SICH ALLE AUFHÄ…“
Pete: „Wir entschuldigen diese
plötzliche Unterbrechung aufgrund einer technischen Störung,
wir sind gleich wieder da.“
Sven: „Hat deine M…“
WERBUNG WIR SIND GLEICH WIEDER DA
TRADITION
INNOVATION
WRESTLING
DER
SPITZENKLASSE
DAFÜR
STEHT DIE
JETZT
KOMMT DIE SENSATION FÜR ALLE GFCW-FANS!
ALLE
SHOWS DER GFCW SEIT 2001 „ON DEMAND“ BUCHBAR!
AUF
DEINEM SMARTPHONE, SMART TV ODER TABLET.
MIT
DEM NEUEN GFCW GALAXY
VIDEO
ON DEMAND ABO,
KEINE
SHOW MEHR VERPASSEN!
+++
DIE
GFCW-GALAXY aUCH UNTERWEGS IMMER GRIFFBEREIT!
Es
ist stürmisch. Der Seegang ist dementsprechend aufbrausend
und unruhig und noch dazu regnet es unerwartet viel. Unerwartet
deshalb, weil wir uns in einem kleinen Motorboot auf dem Gewässer
befinden und uns einer Insel nähern. Auf dem Boot sitzen
einige Mitarbeitende der GFCW in Regenjacken. Auch die Kamera,
mit der all das hier gefilmt wird, ist gut genug geschützt
um dennoch ein paar Bilder einzufangen.
Aber
ja… wo befinden wir uns denn nun?
Das
Stichwort „Insel“ dürfte es bereits verraten
haben, denn wir sind offensichtlich in Schweden und
offensichtlich ist das da nicht nur irgendeine Insel, sondern DIE
Insel von Ask Skógur.
… von
dem seit High Noon niemand etwas gehört hat.
Das
dass hier keine Live-Aufnahme ist, sollte klar sein. Vermutlich
wurde dieses Video wenige Tage vor der Show gemacht, weshalb es
natürlich potenziell noch offen sein kann, dass Ask zur Show
auftaucht, aber wie schon gesagt…
GFCW-Mitarbeiter:
„Ist sie das?“
GFCW-Mitarbeiterin:
„Offensichtlich… oder siehst du hier noch andere
Inseln?“
GFCW-Mitarbeiter:
„Ja… schon gut… es ist nur… ich habe
mir das alles viel… fröhlicher vorgestellt. Wieso
sollte man hier leben wollen?“
Und
ja, da hat er nicht ganz unrecht. Normalerweise sind die Bilder,
die wir von dieser Insel bekommen, freundlich, idyllisch,
wunderschön… normalerweise wird hier die
atemberaubende Natur Schwedens eindrucksvoll in Szene gesetzt.
Jetzt, mit dem dunklen Himmel, dem Regen und dem Sturm und der
tristen Erscheinung der Insel… jetzt gleicht das her der
Kulisse eines Horrorfilms, bei dem man gar nicht darüber
nachdenken will, was passiert, wenn das Boot kentert und die
Passagiere auf der Insel notstranden müssen.
GFCW-Mitarbeiterin:
„Wir müssen uns doch nicht lange aufhalten. Wir müssen
nur schauen, ob alles ok ist, und dann können wir wieder
verschwinden. Wir wissen nicht was abgeht, wo er steckt…
einfach kurz Hallo sagen, dann gehen wir wieder.“
GFCW-Mitarbeiter:
„Selbst wenn… wo sollen wir denn anfangen mit
suchen? Die Insel ist riesig!“
Es
geht um Ask und wie wir nun auch nochmal bestätigt wissen,
scheint tatsächlich keiner so eine richtige Ahnung zu haben,
was mit ihm passiert ist und wie es ihm geht, seitdem er bei High
Noon den Gürtel verloren hat.
Die
Beiden nähern sich immer näher der Insel und als sie
das tun… erkennen sie – noch immer mit recht gutem
Abstand, aber dennoch bereits deutlich erkennbar – einen
Mann.
Mit
emotionslosen, kaltem Gesichtsausdruck – einem Ausdruck,
dem jegliche Lebensfreude fehlt – steht dort ein Mann.
Oberkörper frei, am Unterkörper eine kaputte, löchrige
Hose, der zum Boot schaut.
Es
ist Ask.
Er
steht da, als sei er selbst höchstpersönlich für
dieses Wetter verantwortlich, als wäre nicht nur die Insel,
sondern auch das Wasser drum herum seins und als könne er
sogar die Elemente um sich herum kontrollieren.
Er
sagt nichts – logisch, würde man bei der Entfernung
auch niemals hören – und schüttelt nicht mal den
Kopf. Sein Blick sagt alles. Ein Blick, den wir von ihm noch nie
gesehen haben. Ein Blick, nicht mal der WUT, sondern vielmehr der
Orientierungslosigkeit und der Leere.
Er
hat es gesagt, der Titel ist sein Leben. Und nun hat er den Titel
verloren.
Man
erkennt selbst aus dieser Entfernung ein bestimmtes, fast schon
drohendes Grunzen. Als wolle er sagen: „Bis hier hin und
nicht weiter“ bevor er sich wegdreht und wieder zwischen
den Bäumen seiner Insel verschwindet.
Ein
Donnergrollen. Ein Blitz.
Die
Mitarbeitenden zucken zusammen, bevor sie einander anschauen…
GFCW-Mitarbeiter
und GFCW-Mitarbeiterin: „Ihm geht’s gut.“
In
erschrockener, leicht ängstlicher und eindeutig einstimmiger
Tonlage geben sie zu verstehen, dass ihre Mission hier
abgeschlossen ist. Sie haben Asks Zustand überprüft und
scheinbar ist alles… okay…? Naja, nicht wirklich,
aber wer will schon dort auf diese Insel, jetzt, in seinem
Zustand?
Das
Boot ändert die Richtung und die Mitarbeitenden verlassen
diesen Ort. Die Angst überwiegt und so wirklich verübeln
kann man es ihnen nicht, denn so…
… haben
wir Ask Skógur noch nie gesehen.
Singles
Match:
Erick
Ivans vs. Marc Hill
Referee: Bob Taylor
Erick Ivans
will es noch einmal wissen.
Ja,
wirklich. Seitdem der ehemalige Tag-Team-Partner von Joe
Jobber vor einigen Wochen überraschenderweise zurückkam,
um sich Rasmus Rantanen zu stellen, ist der längst
vergessene Undercard-"Star" plötzlich zurück
im großen Wrestlinggeschäft. Sein Kampf gegen
Rantanen verlief noch unerfolgreich und die Saloon Battle
Royal war es ehrlicherweise auch, wäre da nicht...
...die
Elimination von Marc Hill gewesen.
Erick Ivans
hat bewiesen, dass man mit einem guten Feuerwehrschlauch
nicht nur Feuer, sondern auch Hype löschen kann. Der
Moment, in dem er den LPG-Youngster aus dem Saloon
beförderte, darf getrost als eine der großen
Überraschungen gelten. Und nun - mit 38 Jahren - kommt
da endlich der Durchbruch für Ivans? Ist Erick der neue
Jay Taven?
Erick Ivans
tritt durch den Vorhang und hebt die Arme in die Luft, grinst
den Fans zu. In seinem Blick liegt Vorfreude und eine Spur
von Ungläubigkeit. Er kann nicht fassen, dass er hier
ist, dass er diese Chance bekommt. Wenn er heute nachsetzt
und Marc Hill auch im 1 vs. 1 schlägt, dann ist er drin
im Geschäft. Dann wird aus dem Gaststar mit Sicherheit
eine Konstante. Doch zunächst ist das Wunsch- und
Zukunftsdenken, zuerst muss er überhaupt her, dieser
große Sieg über Hill.
Erick Ivans
zeigt sich in guter körperlicher Verfassung, trotz
seines Alters und der langen Auszeit. Er trägt
enganliegende Trunks in schwarz, auf der Rückseite ist
das gleiche Logo aufgedruckt, welches auch ohne jede
Animation von der Regie auf die Videoleinwand geklatscht
wurde. Der große Auftritt von Ivans ist es nicht, er
bekommt kaum Inszenierung von den Verantwortlichen. Ivans ist
hier, um zu zeigen, dass sich mehr Investment in ihn lohnen
würde. Er läuft die Rampe selbstbewusst hinab und
klatscht mit den Zuschauern ab, die ihm die Hände
entgegenstrecken. Es ist Sympathie-Applaus, den er bekommt,
nicht viel mehr. Doch als er im Ring angekommen ist und auf
das mittlere Seil steigt, fühlt er sich schon wieder wie
ein Teil des großen Ganzen. Der GFCW-Galaxie. Hill
springt vom Seil in die Ringmitte zurück und beginnt mit
Dehnübungen. Dann geht sein Blick Richtung Vorhang -
soll Marc Hill doch kommen, Erick Ivans hat nicht viel zu
verlieren. Aber eine Menge zu gewinnen.
Der
muskulöse Hüne stampft wütend die Rampe herab.
Er hat selbstredend nicht vergessen, was bei High Noon
passiert ist – doch was für Erick Ivans ein
Achtungserfolg war, war für Hill eine Blamage.
Eine
Blamage, die er nun wieder geradebiegen muss. Zum Glück
besiegt er etwas, womit das Biegen von Dingen deutlich
einfacher wird: POWER.
Pete:
“Nach den Ereignissen von High Noon wird-”
Sven:
“POWER!”
Pete:
“Könntest du bitte-”
Sven:
“POWER!”
Pete:
“Erick Ivans hat hier die große Chance-”
Sven:
“Hat er nicht.”
Pete:
“Man weiß nie-”
Sven:
“POWER!”
Der
grüne Kommentator - übrigens länger in der
Saloon Battle Royal gewesen als Marc Hill – gibt es auf
und sieht einfach zu, wie Hill bedrohlich den Ring betritt
und mit einem intensiven Daniel van Buyten Blick seinen
Gegner ins Visier nimmt. Ivans lässt sich davon nicht
aus der Ruhe bringen, und Referee Bob Taylor läutet das
Match an.
Sofort
läuft Ivans los.
Er
versucht es mit dem Überraschungseffekt, will Hill –
seines Zeichens immer noch ein Quasi-Rookie ohne viel
Erfahrung und ehrlicherweise ohne besonders clever zu sein –
so schnell es geht attackieren. Blöd für ihn: Der
rachsüchtige Marc hatte dieselbe Idee. Und so zeigt Marc
Hill...
Sven:
“POWER!”
Ivans
kracht zu Boden, und Hill trommelt sich wild auf der Brust
herum. Er ist ein furchtbarer Unsympath, aber die grässlichen
Menschen in Rostock lassen sich zumindest in Teilen mitreißen
und rufen “POWER!”, während das Kraftpaket
der Lerbitz Performance Group im Ring im Kreis läuft,
während Erick sich aufrichtet.
Als
der Feuerwehrmann wieder steht, stürmt Hill schon auf
ihn zu. Ivans probiert noch auszuweichen, aber es ist zu spät
- an Energie und Aggression mangelt es Marc nämlich
nicht. Und so kassiert Erick...
Sven:
“POWER!”
Ivans
segelt einen guten Meter durch die Luft, was durchaus
beeindruckend aussieht, und knallt mit dem Kopf nur
Zentimeter vor den Seilen auf den Ringboden. Bob Taylor
checkt, ob alles den Umständen entsprechend in Ordnung
ist, während Hill sich auf das zweite Ringseil in der
Ecke stellt, die Arme in die Luft reißt und laut
“WIUWIUWIUWIUWIU!” macht.
Pete:
“Imitiert er ein Martinshorn?”
Sven:
“Ich glaube schon. Wobei Ivans wohl nicht seine
Feuerwehr-Freunde bräuchte, sondern einen Krankenwagen.”
Pete:
“Wir haben natürlich größten Respekt
vor den Helden der Feuerwehr, die ihre Gesundheit und sogar
ihr Leben für die Allgemeinheit riskieren.”
Sven:
“Auf jeden Fall. Mit Ausnahme der freiwilligenFeuerwehr.
Das sind unnormale Kröten.”
Pete:
“Bush did 9/11.”
Bevor
Pete das weiter ausführen kann, ist Hill von den Seilen
geklettert und schiebt Bob Taylor grob bei Seite. Er schnappt
sich Ivans von der Matte, und dann hebt ihr ihn –
beinahe mühelos - hoch. Ivans ist mit seinen knapp
hundert Kilo wahrlich kein Leichtgewicht, aber die breiten
Arme und der muskulöse Körper bei Marc Hill sind
eben nicht nur Show. Es steckt ordentlich etwas dahinter. Und
so schleudert Hill Ivans durch die Luft, er segelt durch ein
knappes Drittel des Rings, ehe er einstecken muss, und zwar
einen...
Sven:
“POWER!”
Krachend
landet Erick, diesmal nicht auf dem Kopf, sondern auf dem
Nacken. Marc scheint sicher gehen zu wollen, dass alle
empfindlichen Stellen im Körper des Erick Ivans
mindestens einmal richtig heftig bearbeitet werden, ehe er
Schluss macht, so wie Luna mit Leviathan. Zügig stapft
Hill zu Ivans herüber und zieht ihn zu sich heran. Er
starrt in die Crowd, und lässt ein lautes “POWER!”
vernehmen, das in Teilen sogar als Echo seitens der Fans zu
ihm zurückkommt. Dann stemmt er Ivans hoch, bevor es für
den Firefighter abwärts geht.
Sven:
“POWER!”
Pete:
“BOMB!”
Sven:
“DER MOVE, NICHT DER WRESTLER!”
Pete:
“ICH DENKE, DAS HÄTTEN SCHON ALLE VERSTANDEN,
SVEN.”
Sven:
“JOANA SEXIANER.”
Ivans
knallt unsanft auf die Ringmatte, und Hill setzt sogleich mit
einem Folding Pin nach.
Eins...
Hill
macht einen Liegestütz in der Folding Pin Position.
Zwei...
Noch
eine Liegestützte, während er genüsslich
grinsend auf den letzten Count wartet.
Drei!
Sieger
des Matches durch Pinfall: Marc Hill
Pete:
“Eine Machtdemonstration. Das kann man nicht anders
sagen.”
Sven:
“Und er macht immer noch Liegestütze, sodass Bob
Taylor nicht richtig an Erick Ivans herankommt.”
Pete:
“Was wird das hier? Sein Post-Match-Work-Out vor der
Crowd?”
Sven:
“Neun... Zehn... Elf... Würdest du so viele
schaffen, Pete?”
Pete:
“Ich denke, wir schalten zum nächsten Segment, bis
Marc hier fertig ist.”
Sven:
“Vierzehn... Fünfzehn... Sechzehn...”
Pete:
“Wir hören uns wieder, wenn Jason Crutch zum
ersten Mal seinen Intercontinental Title verteidigt –
bis gleich!”
Im Herzen des
Switziverse. Alonso und Fleestedt sind in Gedanken versunken.
In ihren Köpfen laufen die Bilder von Rasmus Rantanens
Strafe in Dauerschleife. Seine Vernichtung. Roh, brutal,
unmenschlich. Der Auserwählte des Schicksals hat ein Ende
gefunden, dass man sich in den dunkelsten Träumen nicht
hätte ausmalen können.
Jetzt, wo es geschehen
ist, finden Alonso und Fleestedt keine Worte. Sie sitzen auf der
Bank, ringen die Hände. Ab und an blicken sie stumm auf, als
wolle jemand das Schweigen brechen. Dann wieder Stille. Was
bleibt auch noch zu sagen? Es ist geschehen. Das ist, was zählt.
Und selbst wenn da im Hinterkopf etwas Mitleid für Rantanen
zwickt - trotz aller Feindschaft -darauf hatten sie keinen
Einfluss. Mit welcher Konsequenz alles geschah, war nicht
vorauszusehen. Das konnten sie nicht wissen. Sagen sie sich
zumindest.
Sie warten. Alonso fächert sich mit seinem
goldenen Hut Luft zu. Fleestedt hält den Geldkoffer in der
Hand und lässt im von Nervosität getriebenen Rhythmus
den Verschluss auf- und zuklappen. Immer und immer wieder. Klick
– klack. Zwischen den Beiden tapst der Switzidog hin und
her. Er wedelt mit dem Schwanz, lässt die Zunge
heraushängen. Das treue Tier versteht den Grund für die
bedrückte Stimmung nicht.
Dann Schritte vor der
Tür.
Zac Alonso: „Ich
glaube, er kommt.“
Jede Muskelfaser im Körper
des Switzidogisstant spannt sich an. Er sitzt sich aufrecht hin
und wechselt einen Blick mit Fleestedt. Zwischen den Beiden ist
seit dem Saloon viel Unausgesprochenes. Doch jetzt, da ist nicht
der richtige Zeitpunkt für Streit untereinander. Oder für
Gespräche. Jetzt wollen sie es einfach nur zu Ende bringen.
Den Deal.
Als der Switzidog die Schritte hört, bringt
er sich neugierig in Position.
Zac
Alonso: „Komm weg da.“
Der Hund
versteht die gezischte Warnung nicht. Er spitzt die Ohren, steht
weiter da. Wedelt mit dem Schwanz. Alonso will aufstehen und das
Tier zurückziehen. Dann jedoch kommen die Schritte zum
Erliegen. Die Klinke wird heruntergedrückt. Alonso setzt
sich wieder hin.
Die Tür geht auf und da steht er. Es
scheint, als habe die Temperatur im Raum ein paar Grad
abgenommen. Von Iray Burch geht nichts aus – außer
Kälte. Seine unförmige Gestalt füllt den
Türrahmen. Die unbewegten Augen starren ins Leere, als wären
sie zwei Knöpfe, die man in eine monströse Figur
gedrückt hätte, um eine Spur von Menschlichkeit
vorzutäuschen.
In Burchs Bart schimmert das Blut
Rasmus Rantanens. Es scheint an den Barthaaren hinauf zu seinem
Mund zu krabbeln. Auch sein Gesicht ist rot verschmiert. Er hat
die Spritzer und Schlieren nicht abgewischt, sie auf seiner Haut
trocknen lassen.
Zac Alonso:
„Willkommen, Iray. Wie schön.“
Alonsos
Stimme ist leise und unruhig. Iray Burch sagt kein Wort. Er tritt
unaufgefordert ein. Sein Blick wandert durch den Raum. Der
Switzidog hat das Schwanzwedeln eingestellt. Er nimmt den Kopf
runter und legt die Ohren an. Presst den Schwanz an seinen
Hinterleib. Ein leises, tiefes Knurren kommt aus seiner
Kehle.
Burchs Kopf dreht sich langsam zum Hund. Er öffnet
die Finger seiner von Blut verklebten Hand. Als wolle er testen,
wie breit eigentlich so ein Hundehals ist. Wie es wohl wäre,
die Finger an das Fell zu legen, den Nacken zu umschließen
und dann… - Zac Alonso greift ans Halsband des Switzidogs
und zieht das verängstigte Tier zurück. Drückt es
unter die Bank. Der Hund duckt sich in die Schatten und lässt
ein Fiepen vernehmen.
Alonso winkt Jakob Fleestedt heran.
Der Mann mit dem Koffer steht am hinteren Ende des Raumes und
macht keine Anstalten, näher zu kommen. Sein Blick klebt auf
dem blutverkrusteten Leib Iray Burchs. Auf den ungewaschenen
Händen, den karmesinfarbenen Schlieren im Gesicht, dem
dunkelrot schimmernden Bart, der struppig bis auf die Brust
fällt.
Zac Alonso: „Wie
schön, dass…“
Der König des
Saloons muss sich räuspern, als er merkt, wie leise seine
Stimme klingt. Wie sie fast im Raum verschwindet. Ganz und gar
nicht wie ein König des Saloons. Alonso widersteht dem
Drang, zur Seite zu schauen und zwingt sich, Augenkontakt zu Iray
Burch zu halten. Er hat das Gefühl, als sei der Winter
eingefallen, die Härchen auf seinen Armen stellen sich
auf.
Zac Alonso: „…unser
Geschäft erledigt ist. Zu unserer aller Zufriedenheit, denke
ich.“
Sein Adamsapfel hüpft ab und ab,
als er schluckt. Die Stille macht ihn verrückt. Er dreht
sich zu Fleestedt um und nimmt diesem den Koffer ab. Lässt
ihn kurz aufspringen. Die Scheine und Bündel jedoch beachtet
Burch nicht einmal.
Zac Alonso:
„Genau wie besprochen. Bitte. Geschäft ist
Geschäft.“
Er schließt den Koffer
und reicht ihn an Iray Burch. Oder versucht es zumindest. Der
Schächter von Rasmus Rantanen streckt keine Hand aus, um die
Bezahlung entgegenzunehmen. Sie scheint ihn nicht im Ansatz zu
interessieren. Alonso steht unschlüssig da. Bringt den
Koffer Zentimeter für Zentimeter näher, als würde
er vorsichtig ein Raubtier zu füttern versuchen. Bis das
‚Geschenk‘ direkt an Burchs Brust stößt.
Als Burch daraufhin seinen Kopf zu Alonso dreht, macht
dieser einen unsicheren Schritt zurück.
Iray
Burch: „Geschäft…“
Sein
erstes Wort. Emotionslos. Auf den falschen Silben betont.
Mechanisch. Burch greift mit einer abgehackten Bewegung nach dem
Geldkoffer. Als Alonso die Bezahlung endlich loswird, fühlt
er sich nicht nur körperlich erleichtert.
Iray
Burch: „…ist Geschäft.“
Weder
Fleestedt noch Alonso wissen etwas zu entgegnen auf die von Burch
wiederholte Formulierung. Sie lächeln einfach nur und
hoffen, dass die Situation für alle gleich beendet ist. Soll
heißen: Sie heben die Mundwinkel an, auf dass ein Mann, der
selbst nichts Menschliches ausstrahlt, die falsche Freude nicht
bemerkt.
Fleestedt beobachtet, wie sich Burchs
blutverkrustete Hände um den Griff des Koffers klammern und
ihn beschmieren. Es ist eine Szene, die abstoßend ist und
der er seinen Blick doch nicht entziehen kann. Und dann scheint
Burch den Blick zu bemerken.
Iray
Burch: „Und Geschäfte beschließt man mit einem
Handschlag.“
Er stellt den Koffer am Boden
ab. Streckt seine wulstige, rotgefärbte Hand aus. Fleestedt
und Alonso starren erst einander an, dann die ihnen gereichte
Hand.
Sie bleiben wie versteinert stehen.
Iray
Burch: „Nicht wahr?“
Jakob lächelt
ungläubig drein. Er lässt seine Augen zurück zu
Rasmus Rantanens getrocknetem Blut wandern. Es ist dunkel,
beinahe schwarz.
Dann streckt Fleestedt zögerlich
seine Hand aus. Den Blick zur Seite gewandt. Burches Mundwinkel
regen sich nicht, als sich seine verschmierten Finger um jene von
Fleestedt schließen, die nicht einmal halb so dick sind.
Iray Burch: „So ist es gut.
Wir sind doch jetzt…Freunde.“
Jedes
Wort wird leiernd vorgetragen. Es ist, als würde etwas ins
Burchs Geist bei jeder Silbe auswürfeln, wie sie betont
wird. Mal ist die Stimme hoch, mal tief. Nie melodisch.
Der
Mann mit dem Koffer erwartet Fleestedts Antwort. Er legt den Kopf
schief. Alonso räuspert sich im Hintergrund.
Zac
Alonso: „Natürlich, wir sind alle Freunde.“
Iray
Burch: „So ist es gut.“
Die Hand Burchs
löst sich aus dem Handschlag mit Fleestedt und verharrt
einen Augenblick im Raum. Dann wendet sich Iray Alonso zu. Der
König des Saloons macht nichts. Er lässt es geschehen.
Er sieht, wie die Hand auf ihn zukommt. Wie sie über seine
Schulter wandert und dann über sein Gesicht. Burch streicht
ihm über die Wange und hinterlässt einen roten
Streifen.
Iray Burch:
„Freunde.“
Ein blutverkrusteter Finger
legt sich auf Alonsos Mund. Er giert nach Einlass. Der
Switzidogisstant schließt die Augen und lässt es
geschehen. Er spürt die Fingerkuppe auf seinen Lippen. Es
schmeckt nach Blut und Schweiß und nach Metall. Alonso
schluckt den Ekel mit seinem Stolz herunter.
Iray Burch
lächelt.
Jakob Fleestedt: „Nun,
dann…Iray.“
Die Hand hält inne.
Burch dreht sich langsam zu Fleestedt um, der all seinen Mut
zusammennimmt, um mit fester Stimme zu sprechen.
Burchs
kleine dunkle Augen bohren sich in den Switzisstant.
Jakob
Fleestedt: „Danke noch einmal für deine Hilfe. Das
Rasmus-Problem ist gelöst.“ Iray
Burch: „Gelöst.“ Jakob
Fleestedt: „Ich nehme an, du hast zu tun. Sicher hast du
schon viele Pläne mit deiner Bezahlung. Und wir wollen dich
nicht aufhalten. In der Stadt gibt es viel zu erleben.“
Der
Switzisstant versucht sich an einem Lächeln und klopft auf
den Geldkoffer. Will die Aufmerksamkeit wieder auf die Grundlage
ihrer Geschäftsbeziehung lenken. Burch lässt seine Hand
langsam sinken. Zac Alonso atmet aus. Er wendet sich ab und
spuckt auf den Boden.
Burch blickt den Koffer an. Und
zuckt dann mit den Schultern.
Iray
Burch: „Ich glaube, ich bleibe lieber.“
Ein
leises, entmutigtes Knurren kommt unter der Bank hervor. Alonso
und Fleestedt sagen nichts.
Iray
Burch: „Schließlich sind wir Freunde.“
Zwei
schnelle Atemzüge, vielleicht ein Lachen. Der Unmensch lässt
sich auf die Bank fallen. Alonso und Fleestedt blicken einander
an. Wieder Schweigen, wie vor einigen Minuten. Doch nun unter
anderen Umständen.
Ja, das Rasmus-Problem ist gelöst.
Zu einem Preis, der offenbar nicht in Geld bezahlt wird. Gott
ist tot, es lebe der Teufel. Und wer ihm Einlass gewährt,
muss mit ihm leben.
Wenn man an
einen Kickstart in eine GFCW-Karriere denkt, landet man seit
dieser Show zwangsläufig bei Tommy Qurashi. Selbst als
Fingeramputierter könnte der Kanadier seine Matches noch an
der Hand abzählen – und trotzdem steht er in wenigen
Minuten in einem Titelmatch. Nach 8 Monaten ist er der Erste, der
nicht Switzenberg oder Crutch mit Nachnamen heißt, der nach
dem Intercontinental-Titel greifen kann. Ein einzelner Pin trennt
ihn von einer magischen Nacht.
Natürlich: Der Weg
hierhin war nicht glorreich. Auf Monate im Niemandsland folgte
ein einzelner Sieg bei High Noon an der Seite von Caracal
Matthews, ehe er von diesem blutig geprügelt wurde. Doch
falls er heute gegen Jason Crutch gewinnt und sich wirklich den
Intercontinental-Titel umschnallt, dann wäre der holprige
Pfad vergessen. Und Tommy Qurashi wäre mit einem Schlag
angekommen. Mehr Motivation kann ein einzelnes Match gar nicht
geben.
Der Kanadier steht im Ringoutfit bereit und wartet
darauf, dass er von der Produktion das Signal für den
Entrance bekommt. Ringoutfit heißt in diesem Fall: Er trägt
rote Trunks und weiße Ringstiefel. Ein Standard-Outfit und
ansonsten viel freie Haut. Bei seiner athletischen Figur muss der
Modellathlet nicht viel verbergen.
Mac Müll:
„Tommy…ein paar Gedanken zum anstehenden
Fight?“
Qurashi wird aus seiner Konzentration
gerissen und wirbelt herum. Noch bevor er Mac sieht, weiß
er, von wem die Stimme kommt. So penetrant, direkt vor einem
Match, ist nur einer. Im Hintergrund kommt Müll
angeschnauft, das Mikrofon im Anschlag.
Tommy
Qurashi: „Nicht, dass ich es gutheiße, Mac: Aber bei
deiner Unverfrorenheit wundert es mich nicht, dass du so oft
unter die Räder gerätst. Ich war mental grad schon im
Tunnel – und jetzt kommst du um die Ecke mit deinen
Fragen.“ Mac Müll: „Das ist mein
Job, Tommy.“ Tommy Qurashi:
„Und meiner ist es, da jetzt gleich rauszugehen…“
Mit
einer halben Körperdrehung deutet Qurashi in die Richtung,
in der er den Vorhang vermutet.
Tommy
Qurashi: „…und Jason Crutchs Regentschaft nach nur
zwei Wochen zu beenden. Es ehrt ihn, dass er ein Fighting
Champion sein will. Aber sein Run wird am Ende trotzdem nur zwei
Fights umfasst haben: Den Sieg gegen Switzenberg und die
Niederlage heute. Es ist doch so, Mac…“
Qurashi
stemmt die Hände in die Hüften und blickt seinem
Gesprächspartner direkt in die Augen.
Tommy
Qurashi: „…wahrscheinlich war Jason ziemlich
erleichtert, als er ausgerufen hat, dem nächsten Match zu
geben, der durch die Tür kommt. Und dann ein Verletzter auf
der Trage reingeschoben wird. Aber heute, zwei Wochen später,
bin ich nicht mehr im Delirium, sondern wieder bei Kräften.
Spätestens heute wird Jason Crutch merken, dass ich eine
Hürde bin, die sich nicht leicht überspringen lässt.
Aber dann wird es für ihn zu spät sein.“ Mac
Müll: „Glaubst du, dass er dich unterschätzt?“ Tommy
Qurashi: „Das spielt keine Rolle. Wenn ich zu meinem Game
finde, kann ich Jason Crutch besiegen. Egal, wie er mental drauf
ist.“
Ein Satz, der Mac nachdenklich macht.
Er legt den Kopf schief und blickt Qurashi an.
Mac
Müll: „Die Frage ist doch eher, wie DU mental drauf
bist. Kannst du dich überhaupt 100% auf diesen Fight
konzentrieren?“ Tommy Qurashi:
„Was ist das für eine unsinnige Frage? Es ist ein
Titelmatch. Ich bin Profi. Wieso sollte ich nicht bei der Sache
sein?“ Mac Müll: „Wegen Caracal
Matthews. Wegen High Noon.“
Bei der Erwähnung
des Namens werden Qurashis Lippen schmal. Er tritt von einem Fuß
auf den anderen und verschränkt ablehnend die Arme vor der
Brust.
Tommy Qurashi: „Caracal
Matthews hat seinen Verstand verloren. Aber das ist mir egal. Was
mir nicht egal ist: Er hat eine Grenze übertreten. Dafür
wird er bezahlen.“ Mac Müll: „Also
wirst du dich um ihn kümmern. Spricht das nicht dafür,
dass du nicht 100% auf Crutch konzentriert bist?“
Kopfschütteln
beim Kanadier.
Tommy Qurashi: „Ich
kümmere mich um Caracal Matthews, INDEM ich Jason Crutch
besiege.“ Mac Müll: „Das verstehe
ich nicht.“
Tommy Qurashi:
„Ich will und werde Matthews weh tun. Körperlich, wenn
sich die Gelegenheit dazu bietet. Aber heute kann ich Caracal auf
besondere Art und Weise weh tun. Jeder weiß, wie gerne er
den Intercontinental Championship gehabt hätte. Vor Title
Night im letzten Jahr war das sein einziges Ziel…und dann
wurde er von Switzenberg und Viggo aus den Plänen gekickt.
BattleMania hat für ihn auch nicht geklappt. Seine Jagd nach
dem Titel endete erfolglos.“
Langsam geht bei
Mac ein Licht auf. Er beginnt unmerklich mit dem Kopf zu
nicken.
Tommy Qurashi: „Heute
werde ICH Jason Crutch besiegen und mir den Titel umschnallen.
Das wird ihn auf einer Ebene schmerzen, die tiefer geht als jede
Wunde. Was nicht heißt, dass nicht auch die körperliche
Abreibung noch folgen wird. Doch alles zu seiner Zeit.“
Auch
wenn er seine Worte mit grimmigem Ernst vorgetragen hat,
schleicht sich jetzt ein Lächeln auf Qurashis Lippen. Er
sieht vorfreudig aus.
Tommy Qurashi:
„Jetzt werde ich rausgehen und Jason besiegen. Es tut mir
leid für alle Crutch-O-Maniacs, aber ich kann keine
Rücksicht auf Nostalgie nehmen. Heute beginnt eine neue
Zeitrechnung.“
Bevor Mac Müll eine
weitere Frage stellen kann, klopft Qurashi ihm auf die Schulter.
Dann dreht sich der Kanadier um und marschiert davon. Mac
Müll schaut ihm einige Sekunden lang nach und gibt dem
Kameramann das Zeichen, die Szene abzublenden. Doch zur
Überraschung des Interviewers schwenkt die Kamera noch
einmal um. Ein anderer Abschnitt des Backstagebereichs wird
gefilmt.
Dort
lehnt Caracal Matthews an einer Wand. Er hatte Qurashi
beobachtet.
Sobald Mac
ihn bemerkt, dreht der Interviewer auf den Hacken herum und
hastet heran.
Mac Müll: „Caracal! Wie gut,
dass wir uns treffen. Es gibt so viel zu besprechen. Die Fans
wollen Antworten.“
Er drückt Matthews das
Mikrofon direkt unter die Nase. Selbige rümpft Caracal. Und
verdreht die Augen.
Caracal
Matthews: „Mac. Wieso sollte Caracool dir antworten?“ Mac
Müll: „Nun ja, weil ich eine Frage gest…“ Caracal
Matthews: „Aber du TANZT nicht, Mac.“
Der
Royal Rookie kräuselt mit einer Spur von Ekel die Lippen,
als er feststellt, was objektiv nicht zu bestreiten ist: Ja, Mac
Müll tanzt tatsächlich nicht.
Caracal
Matthews: „Merkst du denn nicht, wie langweilig deine
Interviews sind, Mac? Du stehst einfach nur steif da, als wäre
dein Körper aus Holz, du Tanne. Komm schon, sag es
Caracooool: Bist du nach 25 Jahren GFCW so verbittert, so
verdorrt, dass kein gutes TÄNZCHEN mehr in dir steckt? Den
Fans dürstet es nach dem süßen Nektar des
Entertainments und du pisst ihnen ins Maul.“
Der
Reporter blickt verunsichert drein.
Mac Müll: „Ich
habe noch nie bei Interviews getanzt. Es hat noch nie jemanden
gestört. In meiner ganzen Karriere nicht.“ Caracal
Matthews: „Umso schlimmer. Seit 25 Jahren! Das ist einmal
lebenslänglich…und genau dazu verurteilen Leute wie
du die Fans: Einmal lebenslänglich im Knast der Langeweile.
Dazu hat Caracoooool nur eines zu sagen: Bah, wie ekelhaft du
bist. VERRAT – AM – ZUSCHAUER.“
Matthews
schnalzt mit den Lippen. Er ballt seine Hand zur Faust und
schwingt sie dann aggressiv, aber mit Rhythmus, hin und her. Ein
Vorgang, der gleichermaßen wütend wie tänzerisch
rüberkommt.
Caracal Matthews:
„Stell dir das mal vor: Du bist ein Fan und kommst nach
einem langen Arbeitstag nach Hause. Du hast dir wirklich etwas
Freizeit und Erholung verdienst, nachdem du mies gebuckelt hast
auf der Arbeit. Du schaltest eine Wrestlingshow ein und NIEMAND
TANZT. Da zerbrechen Fanherzen, Mac. Da wird dem Publikum wie mit
dem Eselschwanz gegeben. Ist dir das völlig egal?“ Mac
Müll: „Nun ja, es gibt im Wrestling ja verschiedene
Geschmä…“ Caracal
Matthews: „Es gibt böse Menschen und es gibt Leute,
die tanzen. Das hat nichts mit Geschmack zu tun. Caracooooool ist
sehr, sehr enttäuscht von dir, Mac. Jedes Wort an dich ist
verschwendet. Jetzt entschuldige mich, ich muss die Fans
retten.“
Mit einem Hüftschwung tänzelt
Matthews davon. Doch er kommt nicht weit, bis sich Mac Müll
wieder in seinen Weg stellt. Matthews schaut den Reporter von
oben bis unten mit Empörung an.
Mac Müll:
„Die Fans retten. Heißt das, du wirst in den
anstehenden Kampf eingreifen?“ Caracal
Matthews: „Nein, Mac. Ich werde tun, was ein Mann tun
muss.“ Mac Müll: „Das heißt?“
Der
Royal Rookie verdreht die Augen, als würde er sich mit einem
krass dummen Schüler unterhalten, der gerade gefragt hat,
wie viele Buchstaben das Alphabet hat.
Caracal
Matthews: „Ich werde natürlich TANZEN. Für meine
Fans live im Stream. Damit sie eine Alternative dazu haben,
diesen langweiligen Kampf zwischen zwei NICHT-TÄNZERN
schauen zu müssen. Und nicht nur, dass nicht getanzt
wird…nein, schau dir das mal an!“
Er
hält dem irritierten Mac Müll sein Smartphone unter die
Nase. Der Browser ist geöffnet.
Caracal
Matthews: „Sag‘ mir, was du siehst!“ Mac
Müll: „Äh…das ist die GFCW-Homepage mit
den Rostereinträgen von Jason und Tommy. Da sind ihre
typischen Moves aufgeführt und…“ Caracal
Matthews: „Sie haben nicht einmal HIGH-FLYING-MOVES im
Repertoire! Wir befinden uns im Jahr 2025 und man füttert
die armen Zuschauer mit alter, überholter Scheiße.
Wrestling ist TANZ, Wrestling ist Excitement. Wrestling ist
Cinema. Mat-Wrestling ist ein Anagramm für Hurensohn. Da
kommen jetzt zwei Typen und glauben, es wäre genug, einfach
so ein bisschen zu kämpfen. Mit DDT und Suplexes, vielleicht
mal ein Dropkick. Diese Allrounder-Arschlöcher schämen
sich nicht einmal dabei. Diese Welt ist krank, Mac! Krank!“
Aus
rotgeränderten Augen und mit verzerrtem Gesicht starrt der
Royal Rookie in die Kamera.
Caracal
Matthews: „Wer nicht mit der Zeit gehen will, wird mit der
Zeit vergehen. Dafür werde ich sorgen. Denn ich bin ein
guter Mensch. Ich bin Caracooooooool. Abonniert meinen Kanal und
Let’s Dance.“
Laura:
„Der folgende Kampf geht über eine Runde und es geht
um den GFCW-Intercontinental-Championtitel!“
Clement
Marfo and the frontline ertönt aus den Boxen. Ein
strahlender Jason Crutch tritt auf die Stage, gekleidet in weißen
Wrestling-Leggins mit rotem „JASON“- und
„CRUTCH“-Aufdruck an den Beinen. Voller Stolz stemmt
er die Fäuste in die Hüften und präsentiert den
glänzenden Championgürtel mit Gesten in Richtung Fans,
die bedeuten sollen „Und? Was sagt ihr? Steht mir gut,
oder?“.
Als
sein Feuerwerk runterbrennt dreht er sich mit ausgebreiteten
Armen um die eigene Achse und macht sich dann forschen Schrittes
auf den Weg zum Ring.
Laura:
„Aus Oberpolling, mit einem Gewicht von 105 Kilogramm, er
ist der amtierende GFCW-Intercontinental-Champion: JASOOON
CRUUUUTCH!“
Der
Begründer der Crutch-o-Mania entert den Ring und lässt
sich nacheinander auf allen vier Turnbuckeln feiern. Dann nimmt
er das Gold ab, hält den Gürtel hoch und übergibt
ihn dem Referee.
So
sieht einer aus, der zum Match seines Lebens rauskommt und
absolut nichts zu verlieren hat: Konzentriert, ernst – und
doch auch vorfreudig.
Tommy
Qurashi lässt die Schultern kreisen als er aus dem Vorhang
tritt. Sein Aufwärmen beginnt schon auf dem Weg zum Squared
Circle. Er will sicherstellen, dass heute alles nach Plan läuft.
Und Plan heißt heute: Es gibt keinen Plan B. Er kann
gewinnen und einen enormen Sprung hinlegen. Oder er wird
verlieren und muss die Leiter von ganz oben aufsteigen.
Laura:
„Mit einem Gewicht von 106 Kilogramm…“
Sein
Ring-Outfit haben wir schon Backstage gesehen. Qurashi trägt
rote Trunks, sein Attire ist eher funktional als
aufsehenerregend. Passt gut zu diesem Mann, der bislang vor allem
in den Fokus dadurch geraten ist, was andere mit ihm machen und
nicht was er selbst macht: Erst der Zwist mit den Scandinatives,
dann der Verrat durch Caracal Matthews.
Laura:
„…aus Victoria, British Columbia, Kanada…“
Qurashi
klatscht mit den Zuschauern ab, die ihm die Hände
entgegenstrecken. Klar, mit der Lautstärke, die es gleich
bei Crutch geben wird, kann er nicht im Ansatz mithalten. Er ist
in der großen Welt der GFCW noch ein Niemand; auch wenn er
im Nachwuchs am Titel gekratzt hat. Doch nichtsdestotrotz sind
die Reaktionen überwiegend positiv. Noch hat Tommy nichts
gemacht, um es sich mit dem Publikum zu verscherzen – und
durch Matthews‘ Angriff hat er auch das Mitleid auf seiner
Seite.
Tommy
springt nach kurzem Anlauf auf den Apron und drückt sich
durch die Ringseile. Er läuft auf der Matte auf und ab, legt
kurze Sprints zwischen den Seilen ein. Macht Dehnübungen.
Purer Fokus.
Laura:
„…TOMMMYYYYY QURASHIIII!“
GFCW
Intercontinental Champion Titlematch:
Jason
Crutch (c) vs. Tommy Qurashi
Referee: Mike Kontrak
DING
DING DING
Der
Kampf beginnt mit einem respektsbekundenden Händedruck.
Beide Männer taktieren sich dann und beginnen den Kampf
langsam mit einer klassischen Ringerroutine, also Hammerlock,
Headlock, Takedown, Whip-in und Reversal-Sequenzen. Der
Ablauf nötigt den Fans einen Applaus ab, woraufhin sich
die beiden Männer ein weiteres Mal mit den Händen
abklatschen.
In
der nächsten Phase ziehen die beiden Protagonisten das
Tempo an und gehen in eine Hip Toss, Reversal, Armdrag,
Legtrip-Sequenz. Irgendwann schafft Qurashi ordentliche
Nadelstiche ala Drop Kick, Rollover DDT und Reverse DDT. Mit
zwei, drei Top Tope Aktionen bringt er Jason Crutch sogar
ordentlich in die Bredouille, und ihm gelingen mehrere Near
Falls. Aber am Ende der Tempophase gelingt Jason Crutch ein
entscheidender Konter – und er befördert Qurashi
über das oberste Ringseil nach außen. Unter großem
Beifall nimmt er Anlauf und erwischt seinen Gegner mit einem
Suicide Dive.
Draußen
wird es etwas strenger, denn JC nutzt die Guardian Rail und
die Ringtreppe, um seinem Gegner mittels Headbutts
zuzusetzen. Gutes, faires Verhältnis oder nicht, aber
Crutch will seinen Titel verteidigen. Allerdings kontert
Qurashi den Whip-in gegen den Ringpfosten und kann sich bei
„neun“ in den Ring schleppen.
Als
beide Männer wieder im Ring sind entsteht eine
Schlag-Phase, in der Chops und Punches ausgetauscht werden.
Konter folgen auf Konter, letztlich dominiert der
Titelverteidiger und zeigt nun knallharte Moves, die ihn
auszeichnen. Als er einen Vertical Splash in die Ringecke
zeigen will, weicht Qurashi mit einem beherzten Sprung aus
und kontert mit einem Sunset Flip für „zwei“.
Der
Herausforderer wirft nun alles in die Waagschale, zeigt
Suplex- und Slamvarianten und erwischt den Gegner mit der ein
oder anderen Headscissor in verschiedenen Varianten.
Allerdings reichen alle diese Moves nur für „zwei“
In
der heißen Phase macht Qurashi einen entscheidenden
Fehler, denn er setzt einen Move vom Top Rope in den Sand.
Crutch kann die Phase nutzen und will den Sack zumachen. Er
zeigt einen Back Breaker und schmettert Qurashi mit einer
Clothesline-Serie nieder und zeigt letztlich seinen
Lieblings-Move, den Spinebuster. Findige Wrestling-Fans
wissen, dass dies das Ende einläuten soll. Während
einige noch darauf hoffen, dass Qurashi ausweichen oder
kontern kann, wissen andere es besser: Jason Crutch lauert,
bis sein Gegner sich erhebt, dann sitzt der Kick in den
Magen, der Equalizer wird durchgezogen – und der
Three-Count ist unumgänglich.
DING
DING DING
Tommy Qurashi
hat das Geviert verlassen, der amtierende
Intercontinental-Champion schnappt sich, verschwitzt und schwer
atmend, das Mic. Und nun, zwei Wochen nach dem Titelgewinn,
wenige Minuten nach seiner ersten Titelverteidigung, hält er
erstmals eine Ansprache an all seine Anhänger. Fast
beiläufig quetscht er mit den Finger Schweiß aus den
Augen, und führt dann das Mic zum Mund.
Jason
Crutch: „Es hat eine Weile gedauert, meine lieben
Crutch-o-Maniacs, dass ich mich zu dem, was bei High Noon
geschehen ist, äußere. Aber es war mir wichtig, dass
ich meiner Marschroute, den Titel sofort zu verteidigen, treu
bleibe. Und deswegen habe ich mich von Tag 1 nach High Noon an zu
100% auf Tommy Qurashi konzentriert.“
Dieser steht
noch oben auf der Bühne, angeschlagen, aber stolz. Und bei
der Erwähnung seines Namens hält er kurz inne und
sieht, dass JC mit einer Geste in seine Richtung weist und sich
ihm zudreht.
Jason
Crutch: „Tommy, ich möchte dir meinen höchsten
Respekt aussprechen. Du hast mir alles abverlangt. Es war hart.
Du hast eine großartige Zukunft vor dir, das spüre
ich. Bitte, alle den fetten Applaus für Tommy Qurashi!“
Und die Halle
folgt seiner Bitte. Tommy Qurashi scheint die Anerkennung gerne
entgegenzunehmen, und verschwindet im Anschluss endgültig in
den Backstage-Bereich. Crutch wendet sich schließlich
wieder an die Menge, den IC-Gürtel hat er mittlerweile um
die Hüften geschnallt.
Jason
Crutch: „Ich habe lange überlegt, was ich heute sagen
soll. Man kennt mich, ich rede gerne. Und ich höre mich
selber gerne reden. Aber gerade das liebt man an mir, nicht wahr?
Schwamm drüber. Was sollte ich heute also sagen zu dem, was
geschehen ist? Ich könnte jetzt hier stehen, und darüber
reden, dass es mein erstes Käfigmatch war und es die Hölle
war. Ich könnte darüber reden, dass ich gegen eines der
größten Talente angetreten bin, das die GFCW je
gesehen hat. Oder darüber, dass es mir nach einem halben
Jahr Tortur, in dem mein Gegner versucht hat, meine Karriere zu
beenden, mich mit meinen 44 Jahren als ‚altes Eisen‘
beschimpft hat, endlich gelungen ist, den Sieg einzufahren und
mir den Intercontinental-Championtitel zu sichern.“
Das veranlasst
die Anhänger, lauthals los zu jubeln und zu applaudieren.
Mit ehrfürchtigem, fast schon beschämtem, Kopfnicken
nimmt Crutch die „Blumen“ entgegen. Dann setzt er
fort.
Jason
Crutch: „Oder ich könnte darüber sprechen, dass
mein Kontrahent in einem Moment, in dem er auf die selben Tricks
– nämlich Eingriffe seiner Handlanger – hätte
zurückgreifen können, darauf verzichtet hat und das
‚faire Ende‘ gesucht hat, das ich von ihm sehen
wollte. Aber wisst ihr was?“
Pause, um den
Fans die Chance zu geben, darüber nachzudenken.
Jason
Crutch: „Ich werde nichts davon tun. Nein, ich werde nicht
zurückblicken. Ich werde meinen Erzrivalen hinter mir
lassen. Ich werde kein Wort mehr darüber verschwenden, was
geschehen ist. Es ist vorbei. Hört ihr? Und hörst DU?“
Damit guckt er
eindringlich in die Kamera. Und derjenige weiß genau, wer
gemeint ist.
Jason
Crutch: „Es ist nun ENDGÜLTIG vorbei! Es ist
Geschichte. Vergangenheit. Aus und vorbei. Ende Gelände.
Schicht im Schacht!“
Jubel im Rund,
als er diese Worte energisch spricht, eine Runde im Ring tigert
und mit heftigen Handbewegungen das Gesagte unterstreicht.
Jason
Crutch: „Nein, ich werde nur noch über das Hier und
Jetzt reden und darüber, was sein wird. Kommen wir also
zunächst zum Hier und Jetzt. Nach all den Jahren ist es mir
tatsächlich gelungen, mich wieder in die Titelhistorie
einzutragen. Und ich gebe zu, dass es bis Dezember 2024 gar nicht
meine Intention war, also meine ERNSTHAFTE Intention,
zurückzukehren. Und dann kam Battlemania. Und dann kam der
Sieg und das hier!“
Er zeigt stolz
den Battlemania-Ring in die Kamera.
Jason
Crutch: „Und nun stehe ich hier als
Intercontinental-Champion und könnte nicht stolzer sein! Das
Roster ist, gerade mit dem Förderkader und der LPG, so
voller hungriger Talente wie wohl noch nie. Und mittlerweile
wurden doch die ein oder anderen Rufe nach neuen Herausforderern
laut. Und dieses Thema führt mich unweigerlich zu dem, was
sein KÖNNTE.“
Er macht die
für ihn typische künstlerische Pause.
Jason
Crutch: „Ich habe gesagt, ich würde den Gürtel,
sofern es die GFCW zulässt, möglichst oft verteidigen.
Viel Zeit bleibt mir allerdings nicht, denn kaum ist High Noon
rum, steht schon wieder der nächste PPV auf dem Plan. Und
ich verstehe, dass die GFCW Planungssicherheit benötigt, um
ihre PPVs entsprechend bewerben zu können. Schließlich
geht es hier auch um das Geschäft, das dürfen wir bei
all der sportlichen Intention nicht vergessen. Ich weiß
nicht, wie oft ich die Chance bekommen werde, diesen Gürtel
auf dem Weg dorthin zu verteidigen. Ich weiß aber eines:
ich werde alles dafür tun, um auch bei Carnival of Combat
der Intercontinental-Champion zu sein. Und obschon ich weiß,
dass das Business schnelllebig ist und alles passieren kann,
blicke ich natürlich schon auch auf den PPV. Ich freue mich
tierisch darauf, zu erfahren, wen die GFCW mir vorsetzen wird und
wer bei Carnival of Combat auf mich…ähem…ich
meine, auf den Intercontinental-Champion warten wird.“
Und er grinst
sein zuversichtliches Grinsen Nr. 4.
I´LL
TAKE YOUR DREAM AND CRUSH IT
Pete:
„WHAT?“
Sven:
„Ohhh mein…“
Raunen,
Buhrufe, Tosender Jubel. Die Geräuschkulisse in der Halle
brandet in einem unverständlichen Mix auf das Maximum nach
oben.
Pete:
„Das heißt aber nicht…“
Sven:
„Crutch blickt sich um. Der Mann WEIß, wie groß
die Zielscheibe auf deinem Rücken als Champ ist. Und er WEIß
ebenso, dass Drake ein gottverdammter Scharfschütze ist.“
Doch sollte
der Champion sich hier, wonach es aussieht, schon reflexartig für
einen Angriff gewappnet haben… so wird er enttäuscht.
Denn dort auf
der Bühne, unter den gellenden Pyro-Fontänen,
marschiert er heraus. Drake. Nova. Vaughn. Bandagen, Tape und
Fäden zieren seinen Körper. Doch ebenso das Grinsen,
das nur eines heißen kann: Er ist sich bewusst, was er bei
High Noon getan hat. Und er ist sich bewusst… was das
bedeuten könnte. Die wallenden Haare sind Geschichte. Nach
dem… improvisierten Haarschnitt beim PPV ähnelt seine
Frisur eher der seiner auf Abwege geratene Gefährtin. Doch
kein Schläger, kein Mikrofon… keine Waffe, verbal
oder physisch liegt in seinen Händen. Es ist nur ein
schnelles Fingerknacken und ein breites Grinsen, das die
Botschaft sendet. Doch es ist eine, die jeder versteht –
auch der Champion, der demonstrativ einen Schritt im Ring nach
vorne macht und den Titel in die Höhe reckt.
Pete:
„Drake Vaughn. Jason Crutch.“
Sven:
„Kann Crutch bitte sein Versprechen zurückziehen und
NICHT mehr verteidigen vor CoC? Ich BRAUCHE DAS!“
Pete:
„Sieben Jahre sind seit Drakes Debüt vergangen. Diese
beiden haben nebeneinander her ihre größten Erfolge
gefeiert. Nicht als Freunde. Nicht als Feinde. Es ist, als hätte
es nie eine Kreuzung ihrer Straßen gegeben…. BIS
JETZT! Und wenn Crutch sagt, das Cage-Match war die Hölle…
oh hab ich News über Drake für ihn.“
Sven:
„Ich hab Gänsehaut….“
Spöttisch applaudiert
Drake auf der Bühne, bevor seine Schritte sich rückwärts
wieder gen Backstage wenden. Er mochte noch nicht ganz bereit
sein, wieder an die Front zu gehen. Doch die Kriegserklärung
war geschrieben.
Wir
sehen ein Football-Feld. Kleinkinder zwischen acht bis zehn
Jahren trainieren hier. Flashige Musik aus den 80er Jahren
unterstreicht das ganze Bild.
Dann
sehen wir einen der kleinen Racker, der gegen die Offense der
Gegner keine Chance hat. Die Offense rennt gegen ihn an –
und drückt ihn zu Boden.
Ein
weiterer Versuch der Offense. Die rennt an – und der kleine
Racker wird wieder zur Seite gestoßen, die Offense bricht
durch.
Beim
nächsten Snap dasselbe Bild: Die Offense rennt an –
der kleine Racker stemmt sich dagegen an. Aber wieder vergeblich:
Er wird wie eine Feder zur Seite gewischt, die Offense bricht
durch und erzielt einen Touchdown.
Während
die Offense den Touchdown feiert, geht der kleine Racker auf die
Auswechselbank, nimmt seinen Helm ab und pfeffert ihn zu Boden.
Dann setzt er sich enttäuscht auf die Bank, beugt sich nach
vorne, legt die Ellenbogen auf die Knie und stützt mit
seinen Händen den Kopf.
Plötzlich
zoomt die Kamera heraus. Und neben dem kleinen Jungen sehen wir
plötzlich Jason Crutch sitzen. Der Oberpollinger trägt
Blue Jeans und ein schwarzes T-Shirt mit roten „US AGAINST
THE WORLD“-Lettern. Die schwarz-verspiegelte Sonnenbrille
auf der Nase, eine Tüte „JASON
CRUTCHs CRUTCHIPS“ in der Hand guckt er
starr nach vorne. Er stopft sich gerade einige der Chips in den
Mund und blickt knuspernd stur gerade aus. So sitzen sie da.
Jason Crutch, chips-kauend. Neben ihm der kleine enttäuschte
Junge.
Dann
dreht sich Crutchs Kopf wortlos zu dem kleinen Jungen hinüber.
Der Junge sieht auch ihn an. Stumm hält Crutch dem Jungen
die Chipstüte hin. Der Junge guckt ihn zunächst
entgeistert an. Aber Crutch bedeutet ihm mit einer Mimik, dass er
ruhig zugreifen solle. Der Junge greift einmal in die Tüte,
stopft sich Chips in den Mund. Ruckartig kehrt Zuversicht und
Euphorie in sein Gesicht zurück. Noch einmal fasst er in die
Tüte, stopft sich noch eine Handvoll JASON
CRUTCHs CRUTCHIPS in den Mund.
Man
hört den Schiri pfeifen. Schnitt
Der
Junge steht wieder auf dem Feld. Die Offense der Gegner hat
wieder den Ball. Wie zuvor wird der kleine Racker angerannt. Doch
nun gelingt es ihm: Unterstrichen von einem lauten Knall (der vom
Off eingespielt wird) wird der Gegner zu Boden gerissen.
Beim
nächsten Versuch prallt der Racker wieder auf seinen Gegner
– und kann ihn, erneut unterstrichen von einem gewaltigen
Knall aus dem Off – zu Boden ringen.
Beim
dritten Versuch geschieht sogar das schier unmögliche: Der
kleine Racker geht auf den ballführenden Spieler los (anhand
der Nr. ist es der Quarterback, der selbst einen Run versucht),
macht seine Brust breit, schlägt den Quarterback zu Boden,
schnappt sich sogar selbst den Ball, rennt die restlichen zehn
Meter und erzielt selbst einen Touchdown!
Der
Schiri pfeift.
Schnitt.
Man
sieht, wie seine Teamkameraden den kleinen Racker feiern und
hochleben lassen. Freude pur.
Schnitt.
Wir
sehen Jason Crutch auf der Reservebank sitzen, die Tüte
JASON CRUTCHs
CRUTCHIPS in der Hand, in der anderen einige
der Chips. Er blickt weiter ungerührt starr nach vorne und
kaut JASON CRUTCHS
CRUTCHIPS.
Sprecher
aus dem Off, völlig euphorisch: „JASON
CRUTCHs CRUTCHIPS
– für den Extra-IMPACT“
CUT
Sven:
„Meine Damen und Herren, es wird Zeit für den besten
Teil der Show, also kehren sie bitte alle zu Ihren Sitzen zurück,
falls sie sich gerade einen Drink holen, einen Snack besorgen
wollen oder auf die Toilette müssen. All das ist jetzt nicht
wichtig, all das kann warten, denn jetzt wird es Zeit für
den Moment, auf den wir alle schon seit Ewigkeiten warten!“
Diese
Worte von unserem allerliebsten Lieblingskommentator werden nicht
durchs Headset gesprochen, sondern tatsächlich in ein
Mikrofon, direkt aus der Mitte des Ringes. Sven hat sich von
seinem Pult erhoben, um in den Ring zu steigen und den nächsten
Programmpunkt anzukündigen.
Was
könnte das wohl sein?
Sven:
„Also dann, wir schreiben ein neues Jahr. Das Jahr 1 nach
Aldos Eroberung. Halten sie sich bereit und machen sie ordentlich
Stimmung, für den Mann der Stunde! Meine Damen und Herren,
begrüßen sie mit mir gemeinsam, aus Corleone,
Sizilien, unter der Begleitung des besten Managers, des
Königsmachers und größten Visionärs unserer
Zeit, Mister James Corleone, begrüßen sie mit mir
gemeinsam DEN, unseren und euren NEUEN GFCW WORLD CHAMPION…
ALDOOO NEROOO!!!“
Buh-Rufe.
Buh-Rufe so laut es nur geht. So ziemlich jeder Fan der
GFCW-Galaxy schreit laut um seine Abneigung gegenüber dem
neuen Champion zu verdeutlichen, denn ein neuer Champion
bedeutet, dass die Zeit des alten Champions vorbei ist. Und
dieser war Ask Skógur – der wohl beliebteste
Wrestler der Liga.
Aber
ein jeder dieser Buh-Rufe ändert nichts an dieser Tatsache.
Der alte König ist tot, lang lebe der neue König. Und
dieser wurde gekrönt, nachdem der Königsmacher einmal
mehr zugeschlagen hat.
Auf
der Stage erscheint nun Aldo Nero, zum ersten Mal selbst im
dunklen Anzug gekleidet, mit dem GFCW World Championship auf der
Schulter. Und tatsächlich ist es auch der originale,
reguläre Gürtel und nicht die exklusive Variante, die
James Corleone einst für The End hat anfertigen lassen.
Apropos. Selbstverständlich ist auch besagter James Corleone
mit von der Partie, der seinem Schützling – noch immer
so sichtlich glücklich wie zuvor – auf Schritt und
Tritt folgt.
Und
Stichwort glücklich – wie sieht es bei Aldo aus? Ist
der glücklich?
Schwierig.
Oft
genug wirkt es so, als würde Aldo den harten Typen spielen,
trotz aller Laster, Sorgen und der schwierigen Vergangenheit, die
ihn belasten und weniger, als würde er es sein, so intensiv
und derb seine Matches auch sein mögen. Heute wirkt es, als
würde er den glücklichen Typ spielen, denn ein Lächeln
hat auch er auf dem Gesicht und der Umstand, dass er mit nur 24
Jahren diesen Gürtel hält, scheint ihn auch mächtig
stolz zu machen, aber trotzdem.
Man
weiß nicht, was hinter dieser Fassade abgeht.
Langsam
und erhaben schreiten die Beiden im tobenden Meer aus Buh-Rufen
zum Ring. Sie betreten diesen, wo sie von Sven empfangen werden,
der fast noch glücklicher zu sein scheint als Corleone
selbst.
Beide
schütteln ihm die Hand, ohne groß auf ihn einzugehen,
ja Corleone schaut ihm nicht mal wirklich in die Augen. Sie
positionieren sich, während Sven aus dem Ring zurück zu
Pete ans Pult huscht.
Man
sieht, dass Beide ein Mikrofon haben, es aber noch nicht wirklich
zu benutzen gedenken, aufgrund der Tatsache, dass es einfach noch
viel zu laut ist, bevor es sich überhaupt zu sprechen lohnt.
Also
warten sie. Es ist nicht das erste Mal, dass die Fans ihnen das
Wort verbieten und es wird nicht das letzte Mal sein. Sie haben
The End vernichtet und nun Ask Skógur entthront –
das Leben eines Wrestling-Bösewichts mag nicht leicht sein,
aber es führt schließlich dennoch da hin, wo sie immer
hinwollten.
An
die Spitze.
James
Corleone: „Meine Damen und Herren…“
Aldo
Nero: „Warte.“
Irgendwann
hat sich James Corleone nun also doch dazu aufgerafft den Pöbel
zu unterbrechen und das Wort zu ergreifen. Bevor er selbst mit
seiner Lobestirade richtig beginnen konnte, wird er aber direkt
von Aldo Nero unterbrochen. Etwas zur Verwunderung seines Vaters,
aber gut – schauen wir mal was wird.
In
jedem Falle hat Aldos Ansatz die Meute nun aber tatsächlich
kurz verstummen lassen. Soll es denn tatsächlich so sein,
dass Aldo für sich selber spricht?
Aldo
Nero: „Ich weiß, was du sagen willst, aber lass mich
bitte beginnen.“
Corleone
wirkt noch immer überrascht. Eine fast schon ungewohnte
Initiative. ABER: tatsächlich kann er nicht warten.
James
Corleone: „Nein, Aldo… das weißt du nicht.“
Ehrlich?
Nicht mal diesen Moment will sein Vater ihm gönnen? Nicht
mal jetzt, nachdem er ihm erst den Kopf von The End und dann den
GFCW World Title gebracht hat.
In
Aldos Augen macht sich ganz langsam Fassungslosigkeit breit.
James
Corleone: „Keine Sorge, Junge, ich brauch nicht lange. Ich
könnte jetzt davon anfangen, dass du der großartigste
Wrestler der GFCW
bist,
weil du den nachweislich besten Wrestler besiegt und ihm den
Beweis dafür abgenommen hast. Ich könnte dich abermals
als neuen König der GFCW ankündigen und Lobeslieder auf
dich singen. Ich könnte der GFCW verkünden, dass sie
einen neuen Anführer hat und niemand eine Chance gegen dich
hat…
…
aber wer all das
nicht weiß, dem ist ohnehin nicht zu helfen.
Deswegen
sage ich nur eines. Etwas, was wirklich zählt.“
James
Corleone stellt sich nun direkt gegenüber von Aldo Nero hin,
legt ihm eine Hand auf die Schulter und schaut ihm tief in die
Augen.
James
Corleone: „Ich bin stolz auf dich.“
Aldos
Augen weiten sich. Sämtliche Emotionen spielen sich auf
seinem Gesicht ab und er weiß gar nicht wie ihm geschieht.
Ja der Titelgewinn, der Sieg über Ask Skógur…
das war schon eine geile Nummer. Aber das hier. Zu hören,
dass sein Vater stolz auf ihn ist, vor der gesamten GFCW-Galaxy.
Das
ist alles, was er je wollte.
Und
glaubhafter als jetzt, könnte er es von seinem Vater wohl
nie verlangen.
Ob
der das nun wirklich so meint?
Man
sollte meinen, ja – warum auch nicht. Corleone hat alles,
was er wollte.
James
Corleone: „Du hast der Familie Corleone alle Ehre erwiesen.
Und deshalb, habe ich etwas für dich. The End hat einst ein
Geschenk von mir erhalten, als er diesen Titel gewonnen hat, und
du sollst das auch bekommen. Aber nicht nur einen schönen,
eigens kreierten Gürtel. Nein, für dich habe ich etwas
ganz Besonderes. Schau nach vorn.“
James
Corleone deutet auf Aldo, dass dieser nach vorn, zur Stage
schauen soll. Und etwas verwirrt, vor allem aber noch vollkommen
gefangen in seiner Euphorie, tut er das auch. Er schaut auf den
Videomonitor, auf dem nun eine Name eingeblendet wird.
Aldo
Corleone
Nero
kämpft dagegen an, wie er nur kann, aber dennoch kann er
nicht überspielen, dass sich kleine Tränen in seinen
Augen sammeln.
James
Corleone: „Ein Champion verdient auch den Namen eines
Champions und wenn ein Corleone Champion ist, sollte er das auch
nach außen tragen. Also,
was sagst du… GFCW World Champion Aldo Corleone? Wie
klingt das wohl?”
Es
wurde nie so wirklich gesagt und doch scheint hier im Raum zu
stehen, dass es Aldo bisher wohl einfach nicht vergönnt, war
den „Corleone“-Namen auch wirklich so deutlich tragen
zu können. Bis jetzt. Und was für einen größeren
Vertrauensbeweis gibt es wohl für Aldo Nero?
Aldo
ist sprachlos. Er kann es kaum glauben, was hier passiert und ob
James Corleone nun wirklich so empfindet oder ob es einfach eine
„Belohung“ für seinen Schützling ist, um
diesen bei der Stange zu halten, ist egal. Aldo ist nun
tatsächlich glücklich.
Die
Fans wissen gar nicht so richtig, wie sie reagieren soll. Kann
man hier jetzt buhen? Es wirkt, auch wenn man es denken könnte,
ein wenig wie ein Schmierentheater, aber tatsächlich, bei
allem, was man über Aldo Nero weiß, weiß man
auch, dass dieser das wohl durchaus ernst zu nehmen scheint.
Es
dauert kurz und man sieht deutlich, wie Aldo seinen Vater am
liebsten umarmen würde, aber so richtig trauen tut er sich
nicht… bis ihm sein Vater schließlich das Signal
gibt und ihm die offenen Arme entgegenstreckt.
Und
tatsächlich – Vater und Sohn umarmen sich. Ein fast
schon rührseliges Bild, wäre es nicht James Corleone.
Und
da es nun mal James Corleone ist, sehen wir bei der Umarmung sein
Gesicht, welches wieder deutlich ernster wird, alsbald es Aldo
nicht mehr sieht.
Und
schließlich lösen sie die Umarmung.
Aldo
Nero: „Ich… ich weiß nicht, was ich sagen
soll.“
Aldo
meint es ernst. Er sucht nach Worten.
Aldo
Nero: „Das. Das war all das, was ich jemals wollte. Deine
Anerkennung. Deinen Respekt. Dein Sohn zu sein, auf den du stolz
sein kannst.“
Aldo
schaut Corleone in die Augen. Von seiner Seite aus, meint er was
er sagt, und steckt ernsthafte Emotionen in jedes Wort.
Ob
James Corleone das ähnlich sieht?
Aldo
Nero: „Und wie du siehst… war ich bereit ALLES dafür
zu tun. Du wolltest, dass ich The End hintergehe und ihm seine
Chance auf den World Championship nehme? Ich tat es. Du wolltest,
dass ich ihn in einem der härtesten Kämpfe meines
Lebens besiege und ihn vernichte? Ich tat es. Du wolltest, dass
ich den GFCW World Championship selbst erringe und Ask Skógur
stürze?
ICH
TAT ES!“
Nun
streckt Aldo den Gürtel triumphal in die Luft und diesmal
triumphiert er auch wirklich.
Aldo
Nero: „Jetzt, deinen Namen zu tragen, als Champion, als
bester Wrestler der Liga, das… werde ich… nicht
tun.“
Schock.
Sowohl auf dem Gesicht von James Corleone wie auch aus dem
GFCW-Publikum. Warum nicht?
Aldo
Nero: „Versteh mich nicht falsch, Vater, ich würde
deinen Namen liebend gern tragen und ihm Ehre erweisen, aber…
das wäre nicht ich. Ich bin Aldo Nero. Als Aldo Nero habe
ich erobert, Matches gewonnen und schließlich diesen Titel
errungen. Und als Aldo Nero werde ich nun regieren und kämpfen.
Denn die Eroberung ist nur Schritt eins, jetzt heißt es,
all das, was ich erobert habe, gegen jeden Feind zu verteidigen.
Alles bisher, war nur der Anfang, jetzt geht es richtig los.
Aber
ich werde davor nicht zurückschrecken und ich werde nicht
aufgeben, denn ich bin ALDO NERO und ich bin der GFCW WORLD
CHAMPION.
ICH
bin der Champion und nicht du.“
Aldo
hat sich mit seinen Ansage Wort für Wort hochgehypt, vor
allem interessant ist aber der letzte Satz, denn während
alles davor nach dankbar und fast schon unterwürfig und
rechtfertigend klang, sind die letzten Worte eine harsche Ansage,
die bei Corleone auch direkt ankommt und fast schon blitzartig
eine Rückbesinnung an The End hervorruft.
Aldo
ist der Champion. Und nicht James.
NERO
ist Champion. Nicht CORLEONE.
Aldo
Nero: “Und um der Welt zu zeigen, dass ich nicht nur
Champion bin, weil mein Vater dafür gesorgt hat, habe ich
folgendes entschieden.
…
Ich
akzeptiere.“
Aldo
schaut noch immer zu James, redet inzwischen aber mit jemanden
anderen. Er löst den Blick nicht von seinem Vater, spricht
aber direkt weiter.
Aldo
Nero: „Du willst ein Match, Aiden Rotari? Ich bin nicht The
End, du musst nicht den Umweg über meinen Vater nehmen, wenn
es das ist, was du willst, dann frag gefälligst mich, denn
ICH bin der Champion.“
Aha,
es geht also um die Herausforderung von Aiden Rotari, der James
Corleone einen Deal um ein Titelmatch angeboten hat, was Corleone
lauthals lachend abgelehnt hat.
Während
bei Corleone nun langsam, aber sicher die Einsicht einkehrt, dass
ihm gar nicht gefällt, in welche Richtung sich das
entwickelt, dreht sich Aldo zur Stage.
Aldo
Nero: „Drei Männer haben mich damals besiegt. The
End, Ask Skógur und du, Aiden Rotari. Bei
zwei davon habe ich meine Niederlage bereits wieder gut gemacht,
es wird Zeit, dass ich mich auch endlich um dich kümmere.
Aber sei gewarnt, für die anderen Beiden war es eine
wesensverändernde Niederlage. Falls du also wirklich denkst,
du bist mir gewachsen, dann komm und stell dich mir.“
Und
das tut er.
Langsam,
ohne Musik, aber durchaus bestimmt.
Lediglich
bewaffnet mit einem Mikrofon. Und er geht keinen Schritt weiter
als bis zum Beginn der Entrance-Rampe. Rotari denkt nicht einmal
daran, vor dem Match gegen Nero mit ihm in den Ring zu steigen.
Aiden
Rotari: „Eine Entscheidung, die einem Champion deines
Kalibers entspricht. Eine Entscheidung, die ein Nero treffen
würde. Eine Entscheidung, die ein Corleone niemals treffen
würde.“
Ist
das nun positiv oder negativ gemeint? Bei diesen Worten wirft
Rotari James einen beinahe entschuldigenden Blick zu, als täte
es ihm in gewisser Weise leid, dass seine eigene Spielfigur ihm
die bereits beschlossenen Pläne zunichtemacht – aber
da Aiden hier eindeutig profitiert, wird er mit Sicherheit nichts
sagen, was Corleone zugutekommt.
Aiden
Rotari: „Furchtlos und selbstbewusst. Ohne überhaupt
auf mein Gegenangebot einzugehen oder es für nötig zu
erachten. Ohne selbst den Ort oder die Zeit festzulegen. Einfach
ein Titelmatch für den stärksten Herausforderer.“
Das
hat Nero so direkt mit keinem Wort gesagt, aber Rotari impliziert
das einfach mal, und Aldo kann nun schlecht „Moment mal,
warte!“ sagen, ohne doch wieder schwach auszusehen.
Vielleicht hat Aldo aber auch wirklich kein Interesse an einer
Armee von Handlangern, die er nichtmal selbst aussuchen kann, und
es ist ihm tatsächlich gleich, wann das Match stattfindet.
Aiden
Rotari: „Du hast den Stolz deines Vaters erhalten, Aldo –
eines Mannes, der einen manchmal vergessen lässt, dass er
nicht nur Königsmacher, sondern auch Königsmörder
ist. Das ist alles, was du wolltest, nicht?“
Mit
ausgestrecktem Zeigefinger deutet Rotari auf den im Ring
befindlichen World Champion.
Aiden
Rotari: „Du hast alles getan, was nötig ist, um dieses
Ziel zu erreichen. Dafür brauchtest du meinen
Titel.
Das nehme ich dir nicht übel. Aber du wirst sicherlich
verstehen, dass ich das Gleiche tun werde, um ihn mir
zurückzuholen. Es gibt keine Grenze, die ich nicht
übertreten werde. Du magst ein Eroberer sein, doch Erobern
und Herrschen sind zwei verschiedene Dinge. Frag den Mann an
deiner Seite, was das letzte Mal passiert ist, als ein unfehlbar
scheinender Gigant sich mit der kalten, mitleidlosen Realität
auseinandersetzen musste, die ein Kampf gegen mich mit sich
bringt.“
Und
weil er noch nicht ausreichend versucht hat, Salz in die Suppe zu
streuen und für Verunsicherung zu sorgen, schiebt Rotari
noch einige Worte hinterher, bei denen er Nero aus der Distanz
ins Visier nimmt.
Aiden
Rotari: „Die geheuchelte Achtung deines Erzeugers und eine
filmreife Coming-of-Age-Geschichte werden meine Schultern nicht
für drei Sekunden auf die Matte des Rings fesseln. Das musst
du selbst tun. Ich glaube, dass du das kannst. Aber ich glaube
nicht, dass du das wirst. Am Ende wirst du mich nicht schlagen
können. Ich werde dich besiegen, ich werde den Eroberer
erobern, ich werde meinen Titel zurückholen und zweifacher
GFCW World Champion werden.
Und
wenn sich die Geschichte wiederholt, wenn dein Vater sein
sinkendes Flaggschiff verlässt, nachdem ich ein Loch in den
Bug geschossen habe, wirst du dir noch wünschen, du hättest
auf deinen Onkel Salvatore gehört.“
Corleone
schaut sich das ganze an und wie schon oft, erkennt er es, wann
es am besten ist nichts zu tun und nichts zu sagen. Nach Aldos
Eroberung, scheint Aldos Emanzipation nun der nächste
Schritt, wie es sich so eben anzubahnen droht. Er hat das Match
mit Aiden angenommen, wissentlich, dass Aiden Rotari einer der
gefährlichsten Männer der GFCW ist und letztendlich
auch einer der Initialzünder vom Sturz von The End.
Wieso
also die Herausforderung annehmen?
James
Corleone hält es nicht für eine gute Idee, wieso macht
es Aldo dann?
Nunja,
er hat es selber gesagt…
… weil
ER der Champion ist und nicht sein Vater.
Aldo
hingegen überhört den Kommentar in Richtung Salvatore
ganz gekonnt und auch die Spitzen von Rotari scheint er an sich
abprallen zulassen, für ihn zählt nur ein Zeichen zu
setzen.
Aldo
Nero: „Du hast recht, Aiden. Zu erobern ist das eine, zu
herrschen das andere. Nichts anderes habe ich eben selbst gesagt.
Aber, nachdem ich nun erobert habe, gedenke ich nicht, all das so
leichtfertig wieder aufzugeben. Aldos Eroberung war ein Erfolg,
jetzt beginnt Aldos Herrschaft. Und sie wird damit beginnen,
woran selbst der ach so große The End einst gescheitert
ist…
Mit
einem Sieg über Aiden Rotari.“
Aldo
tritt nun einige Schritte zurück, sodass er direkt neben
seinem Vater steht, den er nun bestimmt antippt. Eine Geste, die
eindeutig verdeutlichen soll, dass jetzt der Zeitpunkt für
Corleone ist, um zu sprechen.
Leicht
irritiert und noch immer nicht so recht klar der Tragweite Aldos
aktuellen Auftretens, schaut Corleone zu seinem Sohn, der mit
einem ebenso bestimmenden Blick noch einmal klar und deutlich zu
verstehen gibt, dass er ihn doch jetzt bitte ankündigen
kann.
… und
so, kommt Corleone schließlich auch der Bitte nach.
James
Corleone: „Mister Rotari… GFCW-Galaxy… in
einer Wrestling-Liga gibt es stets die Diskussion, wer denn der
beste Wrestler dieser Liga sei und dass, obwohl es hier gar
keinen Interpretationsspielraum gibt. Es gibt nur einen, der sich
der Beste nennen darf und das ist derjenige, der den wichtigsten
Titel der Liga trägt. Und nach einer monatelangen Eroberung,
nach Kämpfen mit Blut, Schweiß, Feuer und Stahl, nach
Matches gegen die Top-Elite der Liga und schließlich gegen
den einst-besten Wrestler der Liga… hat ER sich diesen
Titel verdient. ER ist der Beste. ER ist der Champion. Und all
das hier… ist nun SEINE Liga.
Aldo…
Nero… ist der beste Wrestler der Liga.
Sie
mögen unsere Einigkeit mal wieder in Frage stellen und sich
in ihrer Skrupellosigkeit in Sicherheit wiegen, aber vergessen
sie nächste Woche nicht, dass das hier ihr Wunsch war,
Mister Rotari, denn nächste Woche werden sie in die
Geschichte eingehen, als erster gescheiterter und gefallener
Feind unter Aldos Herrschaft.“
Aldo
wirkt anders. Vielleicht nicht zu Beginn, seines Auftritts, doch
jetzt ganz sicher. Sein Ziel war es, den Titel zu gewinnen. Nicht
für sich, sondern für seinen Vater. Doch jetzt, nachdem
er ihn gewonnen hat, merkt er… wie gut sich das anfühlt.
Wie richtig sich das anfühlt. Er hat den Titel gewonnen,
Aldo Nero. Und er hat diesen Titel für sich gewonnen.
Und
jetzt muss er ihn verteidigen und seine erste Aufgabe ist direkt
ein Mammutprojekt, denn es ist der einzige noch offene Mann in
der GFCW, der einen Sieg über ihn aufzuweisen hat.
Aldo
und Aiden stehen im Staredown, während sich James Corleone
noch immer verdächtig im Hintergrund hält.
GFCW
World Championship. Aldo Nero Vs. Aiden Rotari.
Wird
die Herrschaft anhalten oder enden, noch bevor sie richtig
begonnen hat?
Dynamite:
„Viggo! Wie schön, dass du es einrichten konntest.
Bitte setz dich.“
Ungewohnt zuvorkommend
begrüßt der Präsidenten seinen Gast, indem er vom
Schreibtisch aufsteht und auf einen gemütlich aussehenden
Stuhl verweist. Viggo, der Trainer des Förderkaders, betritt
das geräumige Büro dankbar, doch auch mit einem
Stirnrunzeln. Wieso ist Dynamite so nett? Irgendwas liegt in der
Luft.
Viggo: „Danke.“
Der
Engländer nimmt Platz. Mit seiner neuen Rolle als Coach des
Förderkaders hat sich der einstige Intercontinental-Champion
eindeutig schon voll identifiziert: Er ist in einen Tracksuit
gehüllt, in blau, auf dem das Logo des Förderkaders und
jenes der GFCW zu sehen ist.
Viggo:
„Worüber sprechen wir heute, Dynamite?“ Dynamite:
„Du scheinst vier gute Leute für die neue Generation
ausgewählt zu haben.“
Die Mundwinkel
Viggos gehen nach oben. Das ist ein Lob, welches man natürlich
gerne hört. Er beugt sich vor und beginnt mit Begeisterung
zu erzählen.
Viggo: „Habe
ich, nicht wahr? Die Leistung in der Saloon Battle Royal war
fantastisch. Im Großen und Ganzen haben wir die Erwartungen
übertroffen. Dex hätte gar Siegchancen gehabt, wäre
das nicht das Pech gewesen, am Ende auf ein eingespieltes Team in
einer Handicap-Situation zu treffen. Und heute sein Kampf gegen
Rasmus, das sah auch gut aus. Er ist schon sehr, sehr nah dran,
mit dem Stammroster mithalten zu können.“
Ein
ungewohnter Redefluss des Engländers. Man merkt ihm an, dass
die Euphorie über die letzten Ergebnisse seine Zunge
beschleunigt.
Viggo: „Und ich
bin mir sicher, Snow, Benji und Tyo können auch auf dieses
Niveau kommen. Wenn man an den richtigen Stellschrauben dreht.
Ich weiß auch schon, was ich da mache und…“
Er
beißt sich auf die Zunge.
Viggo:
„Sorry, ich sollte nicht so viel reden. Warum bin ich
wirklich hier?“ Dynamite:
„Ich werde den Förderkader zum Jahresende
einstellen.“ Viggo:
„WAS?“
Der Satz schlägt ein wie
eine Bombe. Viggo springt vom Stuhl auf. Mit solchem Schwung,
dass die Sitzgelegenheit beinahe umstürzt. Das Möbelstück
kippelt hin und her.
Viggo: „Den
Förderkader EINSTELLEN? Aber Dex war Dritter im Saloon,
Benji ebenfalls unter den Finalisten und…“ Dynamite:
„Ich zweifle nicht an der guten Leistung.“
Eine
Aussage, die Viggos Emotionalität in Verwirrung umschlagen
lässt. Er setzt sich wieder hin, stützt beide Arme auf
Dynamites Schreibtisch ab und legt fragend die Stirn in
Falten.
Viggo: „Aber was haben
wir sonst falsch gemacht? Wir sind in dieser Formation doch erst
seit ein paar Wochen zusammen und dem Entwicklungsplan weit
voraus.“ Dynamite: „Es
geht nicht um deine Leistung oder die deiner Jungs. Es geht um
das Konzept an sich. Ich bin zu der Entscheidung gekommen, dass
es Zeit für eine Veränderung ist.“
Der
Engländer blickt seinen Boss stumm an. Er weiß nicht,
was er sagen soll. Was er überhaupt entgegen könnte.
In Dynamites Gesicht sucht er nach einer Erklärung.
Dynamite:
„Der Förderkader wurde im August 2024 eingeführt.
Bei Title Night werden es fast anderthalb Jahre sein, in der wir
dieses Konzept durchgezogen haben.“ Viggo:
„Ja, aber…“ Dynamite:
„Kein Aber, Viggo. Lass‘ mich ausreden bitte. Es ist
nicht so, dass ich den Förderkader für einen Fehlschlag
halte. Ganz und gar nicht. Marc Hill, Jakob Fleestedt und Rasmus
Rantanen haben sich in der Liga etabliert. Dex Blarney ist
vielleicht der nächste auf der Liste. Andere junge Wrestler
haben trotz Rauswurf von der Zeit im Förderkader profitiert
und wachsen nun bei GTCW zu großen Talenten heran, die uns
eines Tages große Freude machen.“
Viggo
versucht, sich die Haare zu raufen. Eine Handlung, die nicht mehr
so einfach geht, seitdem er im Zuge seines neuen Looks den Schopf
bis auf wenige Millimeter geschoren hat. Also kratzt er sich an
seinem Vollbart und blickt Dynamite mit völliger
Verständnislosigkeit an.
Viggo:
„Und das ist doch positiv! Was ist es dann? Warum diese
Entscheidung.“ Dynamite:
„Ich glaube, dass es für Talentförderung viele
mögliche Konzepte gibt. Es gibt den Weg über das
Performance Center, den Aiden Rotari genommen hat. Es gibt den
Weg über GTCW, den beispielsweise Darragh Switzenberg oder
Aldo genommen haben. Und es gibt den individuellen Weg, wie ihn
etwa Ask Skógur gegangen ist. Ein junger Wrestler, der
direkt ins kalte Wasser geschmissen wurde, nachdem er in
kleineren Ligen Erfahrungen sammelte. ALLE diese Wege können
zum Erfolg führen. Natürlich auch der
Förderkader.“
Noch immer wartet Viggo
auf das Aber.
Dynamite: „Der
Förderkader war – ich meine, er ist - eine spannende
und neue Initiative, die wir mal ausprobieren wollten. Aber ich
glaube einfach, nicht für jedes Talent ist es der passende
Weg, Teil eines Teams zu sein. Jetzt haben wir es anderthalb
Jahre nach diesem Konzept gemacht, aber vorher über zwanzig
Jahre anders…und vielleicht ist es im Jubiläumsjahr
2026 angebracht, wieder Back to the Roots zu gehen und Talente
wieder mehr auf eigene Füße zu stellen. Sie mehr
schwimmen zu lassen. Ohne Team, ohne Coach.“ Viggo:
„Also gibt es nichts, dass ich dagegen machen kann? Ich
kann dich nicht umstimmen?“ Dynamite:
„Nein, Viggo. Ich habe es mir gut und lange überlegt.
Als Präsident bin ich zu der Entscheidung gekommen, nun
wieder einen anderen Weg zu gehen. Ich erwarte nicht, dass du das
gutheißt. Aber ich bitte dich, deine Arbeit von dieser
Entscheidung nicht beeinflussen zu lassen. Bis Title Night sind
es noch 8 Shows – das ist eine Menge Zeit, in der der
Förderkader scheinen kann. Außerdem habe ich ein
kleines…Abschiedsgeschenk.“
Die
Augenbrauen Viggos gehen hoch.
Viggo:
„Abschiedsgeschenk?“ Dynamite:
„Ich freue mich, schon heute den ersten Kampf für
Title Night 2025 bekanntgeben zu können: Das große
Förderkader-Finale. Die Letzte-Chance-Battle-Royal.“ Viggo:
„Und was bedeutet das genau?“ Dynamite:
„Eine Battle Royal, an der jeder teilnehmen kann, der Teil
des Förderkaders war, ist oder sein wird. Von A wie Akbulut
bis Z wie Zollinger. Aber dabei bleibt es nicht: Ich werde in
diesem Match etwas Spezielles aufs Spiel setzen.“
Unter
Viggos wachsamen Blick öffnet Dynamite eine Schublade an
seinem Schreibtisch. Er holt zwei Schriftstücke hervor und
breitet sie vor dem Trainer aus.
Dynamite:
„Der Gewinner der Battle Royal erhält einen besonderen
Vertrag. Besonders, weil er nicht nur höher dotiert ist als
die anderen Rookie-Verträge, sondern weil er auch für
das gesamte Jahr 2026 gilt. Und das hier…“
Er
tippt auf das zweite Schriftstück.
Dynamite:
„…ist die Kirsche auf der Sahne. Eine Zusage für
ein Intercontinental-Titelmatch. Einlösbar im Jahr 2026 –
zu einem Zeitpunkt, der frei wählbar ist.“
Der
Coach überfliegt die Dokumente mit seinen Augen. Seine
Verkrampfung der Körperhaltung, die nach der Ankündigung
aus dem Nichts eingesetzt hatte, ist noch nicht verschwunden,
aber etwas weniger geworden.
Viggo:
„Das ist zweifelsfrei eine Belohnung, für die es sich
zu kämpfen lohnt. Ich verstehe deine Entscheidung noch immer
nicht, Dynamite. Vielleicht werde ich das auch nie. Doch mit
diesem Vertrag hier, da weiß ich, dass meine Jungs hoch
motiviert sind. Und habe ich dich richtig verstanden: Die Jungs
aus meinem Förderkader werden genauso teilnehmen wie alle,
die zuvor dabei waren? Ravenna, Güldenherz, Smidt und Co.?
Alle aus anderthalb Jahren Förderkader?“
Ein
Lächeln von Dynamite. Viggo hat richtig
verstanden.
Dynamite: „Und
die, die noch kommen werden.“ Viggo:
„Was meinst du damit jetzt?“ Dynamite:
„Wie gesagt – es sind noch viele Shows bis zu Title
Night. Vom bevorstehenden Ende soll deine Tagesarbeit nicht
beeinflusst werden. Natürlich kannst du weiterhin die
Besetzung des Förderkaders ändern. Wenn du der Meinung
bist, jemand erfüllt die Erwartungen nicht…dann
schmeiß ihn raus und hol wen anders. Du bist nicht an die 4
Leute gebunden, die derzeit im Förderkader sind.“
Eine
Aussage, die Viggo mit einem stummen Nicken hinnimmt. Ob er
jemanden im Kopf, für den der gemeinsame Weg in absehbarer
Zeit zu Ende geht, ist ihm nicht anzusehen.
Dynamite:
„Ebenso ist es selbstverständlich, dass wir bei guten
Leistungen auch weiterhin Verträge vergeben. Wenn also Dex –
oder jemand anders – den Durchbruch schon vor Title Night
schafft, dann kann derjenige auch einen normalen Vertrag erhalten
und jemand rückt für ihn im Förderkader
nach.“ Viggo: „Gut.
Aber ich weiß nicht, ob ich davon Gebrauch machen sollte.
Ich kann mir vorstellen, dass es für meine Jungs vielleicht
attraktiver ist, auf Risiko zu gehen und lieber um den
Spezial-Vertrag zu kämpfen anstatt einen normalen Vertrag
mit schlechterer Bezahlung und ohne Titelmatch zu
nehmen.“ Dynamite: „Ich
sagte bereits: JEDER, der Teil des Förderkaders war, darf an
der Battle Royal teilnehmen. Unabhängig davon, ob derjenige
schon einen anderen Vertrag hat. Auch wer in den kommenden Wochen
einen einfachen Vertrag erhält, darf mitmachen. Und das hat
noch eine Konsequenz…denn wenn ihr also Pech habt und
diejenigen nichts anderes zu tun haben, bekommen deine Jungs es
bei Title Night vielleicht mit der Kraft von Jesus, einer Menge
POWER und möglicherweise auch mit dem Switzisstant zu tun.
Für sie ist es nicht die letzte Chance, an einen Vertrag zu
kommen. Doch ein garantiertes IC-Titelmatch in 2026 lockt
immer.“
Wieder kommt von Viggo nur ein
stummes Nicken. Er steht auf. Eine Menge Informationen zu
verarbeiten. Und es ist, trotz allem, ein Schlag in die
Magengrube. Es wird eine Zeit dauern, bis Dynamite Entscheidung
gesackt ist. Doch zumindest hat er jetzt Klarheit. Eine klare
Perspektive vor Augen. Noch gute vier Monate, acht Shows.
Genügend Zeit, um Talente zu schmieden – und
diejenigen fallen zu lassen, die es nicht wert sind.